■ Deutsche Beamte: Polizeiausbilder vor dem Kadi: Hehler in Uniform
Magdeburg (taz) – Im Dienst bildete er junge Polizeibeamte in Verkehrsrecht und Unfallaufnahme aus, in seiner Freizeit wechselte der 24jährige Magdeburger Polizist die Seiten und war Kopf einer Bande, die mit Einbrüchen und Betrügereien einen Gesamtschaden von mehr als 400.000 Mark angerichtet hat. Wegen gewerbsmäßiger Hehlerei, Betrugs, Urkundenfälschung und Nötigung steht der Mann jetzt vor dem Kadi, und mit seiner Beamtenkarriere dürfte es damit wohl vorbei sein.
„Eigentlich möchte ich schon gern Polizist bleiben“, sagte Kai W. jetzt vor Gericht, schätzt die Chancen dazu aber recht realistisch ein: „Da gibt es wohl wenig Möglichkeiten.“ Er könne das zwar nicht entscheiden, sagte der Vorsitzende Richter Konrad Bastobbe, „aber Ihre Chancen, aus dem Beamtenverhältnis auf Probe in ein festes Beamtenverhältnis übernommen zu werden, sind minimal“. Wohl wahr, denn nach dem Beamtenrecht wird jeder Staatsdiener fristlos gefeuert, der zu einer Strafe von mehr als einem Jahr verurteilt wird. Ganz egal, ob die Justiz ihm Bewährung einräumt oder nicht. Ein Komplize des Polizisten wurde im vergangenen Jahr bereits für drei Jahre in den Knast geschickt.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Polizisten vor, gemeinsam mit mehreren Komplizen Elektronikartikel und Möbel im Gesamtwert von mehr als 400.000 Mark verschoben zu haben. Ein Teil der heißen Ware stammte aus Einbrüchen, aber da war offenbar der ständige Nachschub recht ungesichert. Der 24jährige Beamte verfiel auf eine andere Masche. Gemeinsam mit einigen Komplizen gründete er eine Scheinfirma. Und die kaufte beim Großhandel ganze Wagenladungen an Elektronikartikeln ein. Die Firma war zwar falsch, die ihr vom Magistrat der Stadt Magdeburg erteilte Gewerbegenehmigung war dagegen echt. Und deshalb lieferten diverse Großhändler ihre Waren gutgläubig gegen Lieferschein. Auf den Rechnungen, die sie später der „Gummert-Rundfunkartikel“ schickten, blieben sie aber sitzen. Irgendwann hatte die Bande dann alle Großhändler im Raum Magdeburg abgegrast, der Nachschub an heißer Ware drohte erneut zu versiegen. Das wollte die Bande aber vermeiden, schließlich liefen die Geschäfte gar nicht schlecht.
Kai W. fälschte mehrere Personalausweise, mit denen seine Komplizen in diversen Warenhäusern und Fachgeschäften „einkauften“. Natürlich auf Kredit. Die Dunkelmänner kamen allein mit dieser Masche an Fernseher, Sat-Anlagen und Funktelefone im Gesamtwert von 54.000 Mark.
Im März 1992 hat der Polizist von einem Bekannten dessen Kreditkarte gekauft. Für ein Schweigegeld von 3.000 Mark sollte der Kumpel den angeblichen Verlust nicht sofort bemerken. In kürzester Zeit habe Kai W. in Braunschweig und Magdeburg mit der Kreditkarte Waren im Gesamtwert von 10.000 Mark gekauft, behauptet die Staatsanwaltschaft.
Als einer seiner Komplizen aus der Bande aussteigen wollte, kam dem 24jährigen sein Job bei der Polizei und die damit verbundene Dienstpistole zupaß. „Wenn du singst“, so bedrohten er und ein weiterer Komplize den Aussteiger, „muß deine ganze Familie dran glauben.“ Tote, so drohten die beiden weiter, „können nicht reden“.
Nach wie vor steht der 24jährige auf der Besoldungsliste des Landes Sachsen-Anhalt. „Seit meiner Suspendierung bekomme ich 50 Prozent der Bezüge“, sagte er dem Richter, „das sind monatlich rund 1.300 Mark.“ Das Beamtenrecht will es so. Und die Staatsknete wird auch noch eine Weile fließen. Denn das Urteil gegen den Noch- Polizisten soll erste Mitte März verkündet werden. Eberhard Löblich
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