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Lothar spricht: „Da drüben sitzt der Helmer!“

■ Beim internationalen Berliner Hallenfußballturnier wurde eine ästhetische Begründung des Spiels insbesondere von Bayern München großzügig verpaßt

Berlin (taz) — Während sich die Seinen beim Hallenfußball in der Berliner Deutschlandhalle abmühten, verbrachte der Fußballehrer Josef Heynckes den Tag im Hotel „Maritim“. Was er da tat? „Der“, vermutete sein Assistent Karlheinz Körbel, „übt mit den Reservisten.“ Übte er. Im Hotel. Frankfurter Journalisten wußten es besser. Der Jupp habe das Gekicke der Seinen, die schon am Freitag nichts zustande gebracht hatten und dann auch zügig ausschieden, nicht mehr mitansehen können. Ein ganz anderer Mensch ist da Herr Giuseppe Trapattoni aus München. Dem Bayern-Trainer, dem der Hallenfußball bisher herzlich unbekannt war, ist er auch nach Schließen der Bekanntschaft herzlich egal. Allenfalls für ein „Konditionstraining“ hält der Vernünftige das Treiben auf dem Kunstrasen. „Was“, so fragt Trapattoni, „soll ich da sehen wollen?“

Die Frage ist rhetorisch gemeint, versteht sich, und die Antwort lautet: Nichts. Selbst wenn er sehen wollte: Es, das hat sich beim sogenannten internationalen (Spartak Moskau machte mit!) Turnier von Hertha BSC sehr deutlich gezeigt, gibt nichts zu sehen. Sagen wir: wenig. Wo tatsächlich einmal abseits des Alltagsgeschäfts eine ästhetische Begründung (vergleiche Meldungsspalte „taz siegt und siegt“) des Gewerbes gefragt wäre, kann jene nicht eingelöst werden. Teilweise aus dem Hallenfußball immanenten Gründen, teilweise weil die Protagonisten nicht können. Was man tun kann ist, sich ein bisserl Gedanken machen. „Was“, sagt der dies nicht getan habende Michael Sternkopf (Bayern München), „heißt nicht vorbereitet? Wir haben hier nicht mit Absicht verloren.“ Sondern nur sich bewegt, ohne zu überlegen, wie man siegen könnte. Andere haben das getan, die Turnierzeitnehmer etwa, die insbesondere dann die Uhr motiviert anzuhalten pflegten, wenn Gastgeber Hertha BSC im Rückstand lag.

Auch Borussia Mönchengladbach mühte sich und gewann daher zurecht. Zwar sagt auch Bernd Krauss, er möge „großartige taktische Zwänge meiner Mannschaft nicht auferlegen“, doch hat die Borussia das Spiel zumindest begriffen, wie überraschend auch Dynamo Dresden. Zwar zwang man neben vielen auch Andreas Köpke zu den Worten, das Berliner Turnier sei „das beste in Deutschland“, weil es nämlich „über drei Tage geht“ und der Sieger wegen hoher Punktzahl so gut wie für das Masters-Finale in München qualifiziert ist. Dennoch sagen alle, wie Dragoslav Stepanovic: „Die Rückrunde ist wichtiger“, und lassen ihre Schusters und Völlers zu Hause.

Da immerhin sind die Bayern professionell. Bei denen mußten sich jene, die nicht mitzukicken brauchten, auf der Tribüne langweilen. Zipfelmützchenträger wollten mit Uli Hoeneß fotografiert werden, und der Bayern-Manager, der den Seinen die Arbeit am Fan predigt, mußte also mit bestem Beispiel voraus- und in die Kleinbildkameras hineingrinsen. Daneben sieht man ihn sich an Tisch 28 ein bisserl mit dem Otto Rehhagel unterhalten, hört man Willi Lemke die Worte „allerdings sehr selbstbewußt“ sagen, was negativ gemeint ist und womit offensichtlich nur Jürgen Rollmann gemeint sein kann. Und als der Lothar Matthäus doch auch mal die Nase vom Autogrammgeben voll hat, da zeigt er mit der Rechten in die Weite des Raumes und spricht: „Geht's mal da nüber, da drüben sitzt der Helmer.“ Am Samstag erscheint Lothar nicht mehr. Womöglich hat er die Zeit besser nutzen und beim Jupp Heynckes ein bißchen mitüben dürfen. Peter Unfried

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