: Berlin ohne Kaufkultur
■ Kaufhaus „FNAC“ gibt Filiale auf
Paris (taz) – Berlin ist nicht das Kultur-Eldorado, das der französische Buch-, Platten- und Elektronikladen „FNAC“ erwartet hatte. Nur drei Jahre nach ihrer Expansion nach Deutschland will FNAC ihr Kulturkaufhaus in Ku'damm- Nähe wieder zumachen. Das beschloß am Montag der Verwaltungsrat der französischen „Pinault-Printemps-Gruppe“, zu der die FNAC gehört. Der Grund: Die Berliner FNAC erwirtschaftete im letzten Geschäftsjahr zehn Millionen Mark Verluste.
Die Eröffnung der FNAC in der Berliner Meinekestraße im Dezember 1991 – Investitionssumme zwölf Millionen Mark – sollte den Einstieg in ein neues großes Geschäft markieren. Mit der in zahlreichen französischen Städten und in vier belgischen Niederlassungen erfolgreichen Mischung von Büchern, Platten und Geräten zu günstigen Preisen wollte die FNAC von Berlin aus Deutschland erobern. Nur ein Jahr später eröffnete die FNAC ihre erste Zweigstelle in der spanischen Hauptstadt. Im Gegensatz zu Berlin läuft Madrid so gut, daß die Pariser Zentrale gegenwärtig überlegt, weitere Läden in Spanien zu eröffnen. Die Gründe für die unterschiedliche Entwicklung in den beiden Nachbarländern sieht Direktionsmitarbeiter André Houchberg in der schweren Rezession, die in Berlin deutlichere Spuren bei den VerbraucherInnen hinterlasse als anderswo in Deutschland und in Spanien. „Berlin ist nicht Deutschland“, sagt Houchberg, „die Leute achten dort besonders darauf, für was sie Geld ausgeben.“
Als weitere Gründe für das Scheitern nennt die FNAC die relativ ungünstige Lage der Berliner Zweigstelle, die hohe Miete und die unflexiblen Öffnungszeiten in Deutschland. An eine Modifizierung der FNAC-typischen Mischung verschiedener Kultur-Produkte denkt die Pariser Zentrale nicht. Sowohl jene Mischung als auch das Konzept, billiger zu sein als die Konkurrenz, mit dem die FNAC 1954 gegründet wurde, gelte weiter, sagt Houchberg. Die beiden Gründer der „Fédération Nationale des Achats des Cadres“, die damaligen Trotzkisten André Essel und Max Theret, haben sich indes längst aus der FNAC zurückgezogen und anderswo in der freien Wirtschaft Karriere gemacht. Essel veröffentlichte ein Buch mit dem Titel: „Ich wollte die Welt verändern“. Dorothea Hahn
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