Lamberto Dini legt Kabinettsliste vor

■ Silvio Berlusconi foult seinen eigenen Kandidaten: Rechtskoalition erwägt Ablehnung des neuen Kabinetts / Fachleute zu neuen Ministern berufen

Rom (taz) – Eifersucht, Angst vor endgültigem Machtverlust, Rückzugsgefechte? Italiens zurückgetretener Ministerpäsident Silvio Berlusconi hat in den letzten Tagen nichts ausgelassen, dem – ursprünglich von ihm selbst vorgeschlagenen – designierten Nachfolger im Amt das Leben schwerzumachen: Nur unter größten Mühen ist es dem bisherigen Schatzminister Lamberto Dini gelungen, sein Versprechen einer raschen Vorlage der Kabinettsliste zu halten.

Als dann die Ministerliste gestern abend vorlag, explodierten die bisherigen Regenten: So werden sie das neue Kabinett nicht unterstützen, erklärten diverse Vertreter von Forza Italia, Nationaler Allianz und vom Christlich-Demokratischen Zentrum.

Tatsächlich hatte es Dini gewagt, just jene Ankündigung wahr zu machen, die er am 13. Januar bei der Annahme des Auftrags zur Regierungsbildung gemacht hatte: eine rein aus anerkannten Fachleuten bestehende Administration. Mehr als die Hälfte der 20 künftigen Ressortchefs (Berlusconi: 24 Ministerien) kommt aus den Universitäten, wobei die Universität La Sapienza Rom gleich 6 neue Minister stellt. 3 der neuen Regierungsmitglieder kommen aus den höchsten Gerichten des Landes beziehungsweise vom Obersten Rechnungshof – keine günstigen Vorzeichen für viele mit juristischen Händeln belastete bisherige Machtinhaber und ihre Klientel. Das Außenministerium hat Lamberto Dini Susanna Agnelli übertragen, der Schwester des Fiat-Patriarchen, die schon in verschiedenen Kabinetten als Staatssekretärin saß, unter anderem auch im Außenministerium.

Möglicherweise ist es die „Rom- Lastigkeit“ der neuen Administration, die dem Mailänder Berlusconi besonders mißfällt, wahrscheinlicher aber noch die Ernennung Frau Agnellis: Daß ein Mitglied just jener Familie ein Schlüsselressort übernimmt, die Berlusconi stets als unerträglichen Parvenü betrachtet und seinen Einstieg in die Politik per Show-Effekt deutlich mißbilligt hat, sieht Berlusconi als einen direkten Affront an – auch wenn Dini mit der Frau aus der Dynastie des größten europäischen Familienkonzerns wohl vor allem an eine vertrauensbildende Maßnahme für die Wertpapier- und Devisenbörse gedacht hatte. Überwiegend zustimmend haben sich die oppositionellen Linksdemokraten und die Italienische Volkspartei gezeigt: Stimmt bei der Vertrauensfrage nächste Woche auch noch die Liga Nord zu, könnte Dini auch gegen die bisherige Mehrheit gewählt werden – was er jedoch, seinen Worten zufolge, nur sehr ungern täte. Für Spannung ist also wieder einmal gesorgt. Werner Raith