: Überparteilicher Kompromiß in Sicht?
■ FDP-Entwurf zum Paragraphen 218 stößt bei den Grünen auf Zustimmung
Bonn (epd/dpa/taz) – Die Chancen für einen überparteilichen Kompromiß bei der Neufassung des Abtreibungsrechts sind durch den Gesetzesentwurf der FDP gestiegen. Die Fraktionssprecherin des Bündnis 90/Die Grünen, Kerstin Müller, begrüßte, daß die FDP bei der Neuregelung des Abtreibungsrechts auf eine Strafandrohung gegen das familiäre Umfeld der Schwangeren verzichten will. Damit rücken die Liberalen von der Position der CDU/CSU ab. Die Christdemokraten fordern nach wie vor eine Strafe für Angehörige, die die Schwangere zum Abbruch nötigen.
Laut FDP-Entwurf bleibt der Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen straflos, wenn die Frau sich vorher vorschriftsmäßig beraten ließ und den Eingriff verlangt. Bei der Beratung sollen das Prinzip „Hilfe statt Strafe“ sowie die Offenheit der Beratung klarer herausgestellt werden, sagte Heinz Lanfermann, bei der FDP seit Oktober für die neuerliche Regelung des Paragraphen 218 zuständig. Die Beratung soll, so der Entwurf, der Frau helfen, ihre eigenverantwortliche Entscheidung in dem Bewußtsein zu treffen, „daß das Ungeborene in jedem Stadium der Schwangerschaft auch ihr gegenüber ein eigenes Recht auf Leben hat“. Die von der SPD formulierte Aufgabe der Beratung als „umfassende medizinische, soziale und juristische Information“ geht den Liberalen zu weit. Lanfermann hält den SPD- Entwurf in diesem Punkt für nicht verfassungskonform.
Eine Angleichung an die Forderungen der SPD gibt es dagegen in der Frage der Finanzierung: Auch die FDP plädiert in ihrem Entwurf nunmehr dafür, daß Schwangerschaftsabbrüche bei bedürftigen Frauen von den Krankenkassen finanziert werden. Die Einkommensgrenze, ab der die Bedürftigkeit bemessen wird, beträgt 1.900 Mark (in den neuen Ländern 1.700 Mark) und lehnt sich ebenfalls an den SPD-Entwurf an. Die veränderte Haltung der FDP stieß bei Bündnis 90/Die Grünen auf Zustimmung. Der FDP-Entwurf, so Müller, stelle durch die Positionen zur Kriminalisierung des Umfeldes und zur Finanzierung durch die Krankenkassen eine bessere Gesprächsgrundlage dar als der bisherige Koalitionsentwurf.
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