piwik no script img

Herzog will nach Auschwitz reisen

■ Harte Kritik an polnischen Behörden / Juden wollen eigene Gedenkveranstaltung / Bundespräsident unterstützt sie

Berlin (dpa) – Bundespräsident Roman Herzog will an der jüdischen Sonderveranstaltung im ehemaligen KZ Auschwitz-Birkenau teilnehmen. Das habe der Bundespräsident ihm zugesagt, sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, gestern vor Journalisten in Berlin. Aus Unzufriedenheit mit der Organisation der Gedenkfeiern zum 50. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers am 26. und 27. Januar haben die jüdischen Organisationen eine eigene Sonderveranstaltung beschlossen. Gleichzeitig erhoben Bubis und der Präsident des Internationalen Auschwitz-Komitees, Baron Maurice Goldstein, schwere Vorwürfe gegen die polnischen Veranstalter.

Goldstein warf der polnischen Seite „Unfähigkeit“ bei der Organisation vor. Bei den Gesprächen mit dem Auschwitz-Komitee habe die polnische Seite „Katz und Maus“ gespielt. Bis heute hätten die Friedensnobelpreisträger, die an der Veranstaltung teilnehmen sollen, noch keine Einladung bekommen. Viele Gespräche der vergangenen Jahre seien völlig ohne Antwort geblieben. Er habe „wahrscheinlich hundert Faxe“ im vergangen Jahr nach Polen geschickt und darauf auch keine Antwort bekommen. Die polnische Seite habe das zuvor abgesprochene Programm einseitig verändert. „Ich bedauere, daß es so gelaufen ist“, sagte Goldstein.

Die Veranstaltung der Juden sei nicht als Gegenveranstaltung gedacht, sondern als „religiöse Gedenkstunde, wie es jüdischer Brauch ist“, erklärte Bubis. Damit soll der 1,5 Millionen Juden gedacht werden, die in Birkenau in den Gaskammern der Nazis ermordet worden sind. Bubis kündigte an, daß keine offiziellen Einladungen für die jüdische Gedenkfeier am 26. Januar verschickt werden. Die Veranstaltung sei für jeden offen, auch für Polens Staatspräsident Lech Walesa. Er werde jedoch die Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth noch am gestrigen Donnerstag über die Veranstaltung informieren.

Herzog habe ihm am 9. Januar am Rande des Neujahrsempfangs in Berlin spontan die Zusage zur Teilnahme an der jüdischen Sonderveranstaltung gegeben. „Mein Platz ist bei dieser Veranstaltung“, habe ihm Herzog erklärt, als er ihn über die Gedenkstunde informiert habe. Die Feierlichkeit ist für den 26. Januar um 14.00 Uhr geplant und soll 45 bis 60 Minuten dauern. Den Schwerpunkt sollen Gebete bilden. An den offiziellen Feierlichkeiten am 26. und 27. Januar würden sie selbstverständlich teilnehmen, sagte Bubis.

Auschwitz bleibe das Symbol aller Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sagte Goldstein. „Auschwitz soll nicht vergessen werden. Es ist die Warnung an die Welt, was Menschen anderen antun können.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen