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No more Einsamkeit im Urlaub

■ „Let's go“: Erstes Mitreisebüro in Bremen vermittelt Reisebekanntschaften

„Reisen war schon immer mein Hobby“, erklärt Dieter Oppermann, Ex-Bademeister aus Weye. Das Umschreiten des Schwimmbeckencarrées bot in dieser Hinsicht wenig, und so machte er vor vier Jahren sein Hobby zum Beruf und wurde Geschäftsführer des Reisebüros „Let's go“ in der Neustadt. Ein kleiner Laden, doch das kann sich bald ändern, denn Dieter Oppermann hat eine Marktlücke entdeckt: das Mitreisebüro.

Die Idee gährte schon lange in seinem Kopf, doch angepackt hat er sie erst, als er zufällig im Radio von einem solchen Unternehmen in Hamburg hörte. „Da bin ich richtig aufgewacht.“ Und so ist Oppermann nicht der erste, aber „meines Wissens der zweite im ganzen Bundesgebiet“, der das Mitreisebüro anbietet. Seit Anfang Januar muß nun kein Single mehr im Urlaub allein bleiben, zumindest, wenn die Antworten der Fragebögen zusammenpassen: Wird ein Mann, eine Frau oder Gruppe gesucht, ist man RaucherIn oder nicht? Möchte man lieber pauschal reisen, einen Segeltörn machen oder eine Radtour, wohnt man lieber im Hotel oder im Wohnwagen? Und wie ist es mit den Aktivitäten in den schönsten Wochen des Jahres, liegen die Sehenswürdigkeiten vor oder Erholung?

Es sind allgemeine Fragen, keine, die etwa das Aussehen der gesuchten Ergänzung betreffen. „Natürlich“, räumt Oppermann ein, „freue ich mich, wenn sich auf diese Weise Partner finden, vielleicht sogar fürs Leben. Aber als Heiratsvermittler will ich nicht auftreten.“ Ihm geht es vielmehr ganz allgemein um den König im Kunden, um die Zufriedenheit der Reisenden. Schließlich gebe es immer mehr Menschen, die unfreiwillig allein sind. „Das ist ein Trend, weil wir hier in der BRD das Mitmenschliche vernachlässigen aufgrund der Maloche.“

Auf der anderen Seite, überlegt Opperman, gibt es immer mehr Freizeit, aber immer weniger Geld. Aus diesem Grund hält er seinen Service billig: „Ich will da ja nichts dran verdienen“, versichert er, „mir geht es nur um die Menschlichkeit.“ 59 Mark muß bezahlen, wer seine Adresse für drei Monate in den Pool gibt. Doch fällig wird die Gebühr erst, wenn es gefunkt hat, nach gemeinsamer Buchung also. „Die müssen sich doch erst beschnuppern“, meint er und stellt für den Annäherungsprozeß, wenn's denn sein muß, sogar sein Büro zur Verfügung.

Die Nachfrage ist da, da hat der Geschäftsfüher des Familienbetriebes keine Bedenken. „In den vier Jahren Reisebüro hat sich ein gewisses Potential an Reisenden angesammelt, die nicht verheiratet sind,“ bilanziert er. Doch er setzt genauso auf die ältere Dame, die eine ältere Dame zum mitreisen sucht. Oder auf Familien, die das Los der Kinderbetreuung mit anderen teilen wollen, und für die es ohnehin schwierig ist, Unterkünfte zu finden. „Die meisten Hotels sind doch auf Pärchen eingestellt.“

Oppermann denkt auch an spezielle Reisen für Behinderte, an Reisen nur für Frauen oder Männer, an Gruppen, die sich suchen oder schon gefunden haben. Zur Zeit bearbeitet er das Anliegen von 400 Skatspielern, die unbedingt ein Turnier in Übersee organisieren wollen. Kein Problem, meint er, immmerhin hat er schom 130 Judokas nach Antalya vermittelt und eine Gruppe von Männern aus der Transportbranche nach Moskau. „Die waren bestimmt nicht nur wegen der kulturellen Veranstaltungen da“, mutmaßt er, aber da mischt er sich nicht ein.

Es sei denn, es wird gewünscht. Bei Bedarf stellt er ein Beipropramm. Momentan organisiert er für zwei Frauen, die sich bei ihm „gefunden“ haben und erstmalig beide „in den Regenwald“ wollen, eine Fahrt nach Brasilien. Ein Mitarbeiter aus Sao Paolo bereitet die Treckingtour der beiden Frauen vor Ort vor und feilt gleichzeitig an einer Retourkutsche: Die Brasilianer nämlich lieben deutsches Bier, was also liegt näher, als eine „German beer tour“? Auf was die Leute so abfahren...

Dora Hartmann

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