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Der Bremer SPD droht eine Spaltung

■ Prominente kündigen Gründung einer „Wählervereinigung“ gegen die Ampelkoalition an / Wedemeier: „Sammelbecken politisch Frustierter“ / Parteiausschluß droht

Bremen (AP) – Aus Protest gegen die Politik ihrer Partei in der regierenden Ampelkoalition haben SPD-Mitglieder aus Bremen und Bremerhaven eine Wählervereinigung gegründet. Den SPD- Mitgliedern der neuen Vereinigung droht der Parteiausschluß, wenn sie nicht binnen einer Woche aus der Wählervereinigung austreten. Das erklärte am Freitag nachmittag die Bremer Landesvorsitzende Tine Wischer. Der Bremer Sparkassen-Vorstand Friedrich Rebers, prominentes Gründungsmitglied der neuen Vereinigung und langjähriges SPD-Mitglied, erklärte auf Anfrage: „Wenn ich ausgeschlossen werden soll, werde ich gerichtlich dagegen vorgehen.“

Die Wählervereinigung, die sich „Arbeit für Bremen“ nennt, bezeichnete sich in einer Pressekonferenz am Freitag selbst als „parteiübergreifende Sanierungskoalition zur Rettung des Landes Bremen“. Bürgermeister Klaus Wedemeier nannte die neue Vereinigung ein „Sammelbecken politisch Frustierter“. Die Bremer sollten sich nicht schon zu Beginn des Sanierungsprogramms seiner Regierung dessen Scheitern einreden lassen.

Ebenso wie andere Parteien sieht auch die neue in einem 1992 beschlossenen Sanierungsprogramm die letzte Chance, den Fortbestand Bremens als Stadtstaat zu sichern. Jedoch werde dieses Programm, zu dem die Bundesregierung zehn Milliarden Mark beisteuert, von der Ampelkoalition nicht richtig umgesetzt. Die derzeitige Regierung sei zu diesem „außerordentlichen politischen Kraftakt nicht in der Lage“, hieß es in einer Presseerklärung. Die Gründungsmitglieder hoffen, bei der Bürgerschaftswahl im September deutlich mehr als zehn Prozent der Stimmen zu bekommen.

Der Bremer CDU-Landesvorsitzende Bernd Neumann bewertete die Gründung der Wählervereinigung als Ausdruck des völlig desolaten Zustandes der SPD im Stadtstaat. Auch der Ampelpartner FDP erklärte in einer Pressemitteilung, die Gründung sei ein Zeichen der drohenden Spaltung in der Bremer SPD. Sozialdemokraten, die jahrzehntelang ihrer Partei die Treue gehalten hätten, würden nun erkennen, daß der Sanierungswille innerhalb der SPD viel zu schwach ausgeprägt sei.

In Bremerhaven lief zeitgleich zur Bremer Pressekonferenz die Präsentation der mit der neuen Gruppe verbundenen Wählervereinigung „Arbeit für Bremerhaven“. Prominentestes Mitglied der Gruppierung ist in Bremerhaven der ehemalige OB und jetzige Stadtrat Werner Lenz, ebenfalls langjähriges SPD-Mitglied.

In Bremen erklärte Rebers, die SPD in Bremen sei nur noch ein Schatten ihrer selbst. „Die Ampelkoalition im Bremer Senat versucht über die Runden zu kommen, indem sie alle wichtigen Entscheidungen vor sich herschiebt.“ Die Grünen arbeiteten ausschließlich für ihre Klientel und behinderten arbeitsplatzschaffende Investitionen.

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