■ Schöner leben
: Bremer Bonglauf

„Bringt mir den Kopf des Falschparkers!“ ruft jeden Morgen der Kopf der Politessen, Klaus Hinte. „Oder den Fuchsschwanz! Oder wenigstens einen Bong!“ Schon tobt sie los, die wilde Jagd, dunkelblaue Blitze ölen durchs Dickicht der City und stellen ihn, den Falschparker. Atemlos jagen sie weiter, die Häscher Hintes, treiben einen um den anderen Falschparker aus seinen diversen Schlupflöchern, um ihn der Justiz zuzuführen.

Wohin des Weges so eilig, Frau Politesse? Bitte erklären Sie mir doch mal die Falschparkregel-in-untersagter-Parkraumzone-mit- Schrägbalken-auf-blauem-Grund-ohne-Ausnahme-es-sei-denn-Hinte! So unterwegs sind die Politessenquäler. Denn siehe: in Bremen wird erstmals in der Welt der Politesse Leistung belohnt - 60 Bongs am Tag, und es setzt einen Tag Zusatzurlaub, zehn mehr macht zwei Tage. Wehe, da kommt ihr einer in die Quere!

Empörte Facharbeiter schwenken Bongs und hetzen: „Kopfgeldjäger! Euern Tag Urlaub wollt ihr verdienen auf meine und meiner vielköpfigen Familie Rechnung!“ Verzweifelte stellen sich in kurzen Abständen in eingeschränkte Halteverbote, den Weg der Politesse vorausahnend, Bongs sammelnd wie nichts Gutes. In der wirren Hoffnung, alle Poli-tessen in den Urlaub schicken zu können. Andere, Leichtherzige fragen scheinheilig nach der momentan erreichten Bongzahl, um bei 59, erst recht aber 69 im schmelzendsten Ton Einladungen zu Kaffee und Kuchen auszusprechen, die auszuschlagen unhöflich seien und auf das Ansehen des Öffentlichen Dienstes zurückfallen würde. Jeden Abend versammeln sich weinende Politessen unter dem Fenster Hintes; der aber verteilt mit väterlicher Güte die erworbenen Urlaubstage.

Schnell, schnell, bevor eine andere Stadt auf die Idee kommt: der Bonglauf! Ein Bremer Volkslauf durch die City mit Bongverteilen. Dem Sieger winkt Urlaub, einmal lebenslänglich.

Burkhard Straßmann