: Unbekanntes Virus legt Pferderennbahn lahm
■ Renntrainer und mehrere Pferde wurden bereits Opfer des todbringenden Virus
Die Einwohner von Queensland sind es gewohnt, daß der Name des australischen Bundesstaates mit gefährlichen Krankheiten in Verbindung gebracht wird. Immer noch pauken sich Medizinstudenten das sogenannte Q-Fieber als Queenslandfieber hinein, obwohl es überall auf der Welt verbreitet ist und keinen sonderlichen Zusammenhang mit Australien aufweist. Ein sprachlicher Fauxpas, der sogar noch in vielen Konversationslexika zu finden ist.
Doch nun scheinen die 2,5 Millionen Einwohner des australischen Nordostens tatsächlich an eine „eigene“ Krankheit gekommen zu sein. Vor kurzem starb der Pferdetrainer Vic Rail unter Atemnot, Nierenversagen und schweren Herzrhythmusstörungen, für die kein Arzt eine Erklärung zu geben vermochte. Gleichzeitig mit ihm starben 13 reinrassige Pferde, die unter seiner Obhut standen; ein Stallknecht wurde mit schwerer Atemnot heimgesucht; konnte sich aber wieder erholen. Das Department für „Dringende Angelegenheiten“ befürchtete, daß sich die afrikanische Pferdeseuche wieder eingeschlichen hätte, die einige Jahre zuvor den ganzen australischen Rennbetrieb lahmgelegt hatte, und sandte Gewebeproben von Leiche und Tierkadavern an die AAHL, dem Australian Animal Health Laboratory. Dort entdeckten die Wissenschaftler ein Virus, das weder in der Tier- noch in der Humanmedizin jemals zuvor gesehen wurde. Es ähnelt jedoch dem sogenannten Morbilli-Virus, das beim Menschen Masern auslösen kann und vor sechs Jahren in der Nordsee 20.000 Seelöwen den Tod brachte. „Doch wir haben noch keine Ahnung“, so Keith Murray, Direktor des AAHL, „woher es stammt und was es alles anrichten kann.“
Sicher ist, daß es sehr rasch an die Reserven seiner Opfer geht. Der Renntrainer starb, eine Woche nachdem die ersten Symptome bei ihm aufgetaucht waren, die Pferde sogar nach drei bis vier Tagen. Die Tatsache, daß es sich in den Gewebsstrukturen von Mensch und Pferd zu behaupten vermag, spricht für die Zähigkeit und Flexibilität des Virus. Auch scheint es leicht übertragbar zu sein. Ein Pferd, dem man das Lungengewebe eines der gestorbenen Tiere in die Nüstern spritzte, litt umgehend unter Erstickungsanfällen und konnte nur mühsam am Leben erhalten werden.
Bislang sind keine weiteren Infektionen bekanntgeworden. Die Bewohner von Queensland üben sich in Gelassenheit, müssen allerdings per Regierungsdekret bis auf weiteres erst einmal auf Pferderennen verzichten. Jörg Zittlau
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