: Der coole Rap in Aids-Dur
■ Kurzfilme von französischen Jugendlichen heute im Institut Français
Das Thema Aids braucht Aufklärung, und diese gute Spots und Clips und Humor; das wissen wir spätestens seit Hella von Sinnen und dem gellenden Ruf im Supermarkt „Was kosten die Kondome??“ Das französische Fernsehen schöpft da seit gut einem Jahr aus dem Vollen: Tausende von Jugendlichen haben sich an dem Kurzfilmwettbewerb französischer Aids-Hilfe-Organisationen beteiligt und tausende von Drehbüchern eingesandt. Die besten 31 sind realisiert worden, beleben nun die Feierabendprogramme und haben schon den Dauerbrennerstatus erreicht. „Scénarios contre un virus“ sind heute im Institut Français zu sehen.
Man muß weder francophile noch francophone sein, um diese Clips (orignal französisch ohne Untertitel) zu mögen und ihren herzhaften, unbekümmerten Witz neben all ihrer Ernsthaftigkeit zu verstehen. Ja, zum Großteil braucht es sowieso kaum Worte, wenn etwa ein heimatlos gewordener Goldfisch in der Apotheke in einer schwabbelnden Kondomkugel Asyl findet, und zu den Klängen von Prokofjew der Pariser zum Lebensretter avanciert. Oder wenn ein Ehepaar älteren Semesters ein Attentat auf die Apotheke um die Ecke plant und schließlich auch durchführt. Die berühmte Patachou glänzt hier als betörende (Ehe-)Sirene.
Viele bekannte SchauspielerInnen sowie prominente RegisseurInnen haben sich nämlich an der Umsetzung der Drehbücher beteiligt. Auch MC Solaar, der HipHop-Star aus Frankreich, fand es offensichtlich cool, mit den Kids zum Thema Aids zu rappen. „Le rap du sida“ mit seinen schillernden Vorstadtgangs und dem obligatorischen Streetball ginge als Musikvideo auch anderswo problemlos durch.
Im Mittelpunkt allen Geschehens steht in diesen Filmen das Kondom, la capotte, wie der französische Slang sagt. Das Thema Homosexualität taucht kaum auf, viel lebensnäher scheint den Jugendlichen die schrille Anmacheszene in der Disko und der möglichst bunte Pariser-Vorrat zu sein. Als eins der selteneren, ruhigen Gegenbeispiele sei nur Mort d'un couple (Tod eines Paares) genannt, in dem ein Paar, den stummen, sterilen Tod im Krankenhaus stirbt. Zurück bleibt nur ihr Foto.
Ob es nun einen typisch französische Umgang mit dem Thema Aids gibt, darauf können und wollen diese Kurzfilme keine Antwort geben. Interessant könnte es dagegen sein, einen möglichen deutsch-französischen Verhaltensunterschied zu diskutieren. Die Bremer Aids-Hilfe als Mitveranstalterin des heutigen Abends möchte dies jedenfalls im Anschluß an die Filmvorführung versuchen. sip
Heute, 20 Uhr, Contrescarpe 19
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen