: Vorschlag
■ Noch bis Donnerstag: Jiddische Kulturtage
Klezmer, die Musik des osteuropäischen Judentums, erlebt seit Jahren eine merkwürdige Renaissance in Deutschland. „Wenn die Geigen schluchzen und die Klarinette klagt“, so Michael Wuliger kürzlich in der Allgemeinen Jüdischen Wochenzeitung, „ist das Publikum gerührt und denkt mit Nostalgie an die versunkene Welt des Judentums“. Die Gefahr der „verkitschten Verklärung“ sieht auch Jalda Rebling, eine der Organisatorinnen der (vergangenen Freitag gestarteten) diesjährigen Tage der jiddischen Kultur.
Zum neunten Mal bereits findet die Veranstaltungsreihe im Prenzlauer Berg statt. Noch zu Zeiten der DDR als Nischenveranstaltung begonnen, hat die Veranstaltungsreihe sich mittlerweile etabliert. Mit nur zehn Prozent der Gelder, die der Senat für die jüdischen Kulturtage der Westberliner Jüdischen Gemeinde zur Verfügung stellt, ist das Budget zwar immer noch mehr als dürftig. Eine mittelfristige Finanzierung scheint aber in diesem Jahr zum ersten Mal gesichert.
Daß es dennoch insgesamt nicht gut steht um den Erhalt jiddischer Kultur und Sprache in Osteuropa, zeigt der diesjährige Schwerpunkt auf Litauen und der Stadt Wilna. Vor dem Krieg war hier eines der wichtigsten jüdischen Zentren weltweit, heute ist nicht viel davon geblieben. Wer aber nicht nur oberflächliche Betroffenheit sucht, erfährt auf den Berliner Veranstaltungen etwas über die Hintergründe.
Noch bis zum Donnerstag finden täglich um 19 und 21 Uhr unter dem diesjährigen Motto der jiddischen Kulturtage: „Wilna – das litauische Jerusalem“ Veranstaltungen statt. Musiker aus Litauen, Rußland und den USA stellen heute mit Musikbeispielen Materialien des berühmten jüdischen wissenschaftlichen Instituts (YIVO) vor, das vor genau 70 Jahren in Berlin gegründet und später in Wilna weitergeführt wurde. Viele der heute abend vorgestellten Materialien konnten während des Krieges nur durch abenteuerliche Verstecke gerettet werden.
Morgen abend liest Jost Blum Gedichte Abraham Sutzkevers, des wohl berühmtesten Dichters der jiddischen Sprache. Beendet wird die diesjährige Kulturwoche am Donnerstag mit einem Konzert der Berliner Gruppe „Aufwind“. Dieter Wulf
Kontakt und Vorbestellung: Kulturamt Prenzlauer Berg, Dimitroffstraße 101, Tel.: 424 010 80
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