: Kurze Einigkeit gegen den Castor
Niedersächsische Landesregierung will Genehmigung für Atommüll-Lagerung in Gorleben widerrufen / Der nächste Konflikt mit der Bundesregierung ist programmiert ■ Aus Hannover Jürgen Voges
Für ein paar Tage ziehen die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg und das Land Niedersachsen wieder an einem Strang. Beide sind sich einig, daß Niedersachsen den Transport von hochradioaktivem Abfall von Philippsburg in das Zwischenlager Gorleben in den umstrittenen Castor-Behältern nicht genehmigen soll.
Diese Forderung hatte die BI sofort nach einem Urteil des OVG Lüneburg vom Montag gestellt. Darin hatten die Richter dem Castor-Transport grünes Licht gegeben und einen Beschluß der Vorinstanz aufgegeben. Ministerpräsident Schröder wollte daraufhin gestern noch einmal Flagge zeigen. Er stellte sich auf die Seite der Bürgerinitiative: Seine Regierung wolle den Transport des Castor- Behälters nicht genehmigen, weil dieser die sicherheitstechnischen Bedingungen nicht erfüllt. Also werde die Zustimmung zum Transport zurückgenommen, die Schröders Regierung nach einem Streit mit dem Bonner Umweltministerium geben mußte.
Diese neue Harmonie dürfte allerdings nicht lange halten. Denn bei der Entscheidung, ob der Castor nach Gorleben kommt, hat Bundesumweltministerin Angela Merkel das entscheidende politische Wort mitzureden. Schon einmal hatte das Bonner Umweltministerium per bundesaufsichtlicher Weisung die Zustimmung Hannovers erzwungen und kürzlich sogar noch einmal bekräftigt, daß Niedersachsen ohne Rücksprache mit dem Bund in Sachen Castor nichts unternehmen darf.
Schröders Möglichkeiten sind also begrenzt. Deshalb schränkte er gestern bereits ein: „Rechtlich ist es dann Sache allein der Bundesregierung, eine abschließende Entscheidung zu treffen. Sie muß damit auch die politische Verantwortung für alle Folgen übernehmen“, ließ Schröders Staatskanzlei verlauten.
Sofern Umweltministerin Merkel das Land nun anweist, den Transport zu genehmigen, wird Schröders Regierung wohl mehr oder minder zähneknirschend zustimmen müssen. Dann dürfte der Konsens mit der BI Lüchow-Dannenberg vorüber sein, und es beginnt der nächste Rechtsstreit.
Dann stehen sich, wieder vor den Verwaltungsgerichten, auf der einen Seite die BI und auf der anderen Seite Schröders Regierung gegenüber – obwohl es eigentlich in dem Konflikt um unterschiedliche Auffassungen von Bundes- und Landesregierung geht.
Weil diese Situation bereits heute absehbar ist, demonstrierten die AKW-Gegner aus dem Wendland schon mal ihre Aktionsbereitschaft: Auf dem Marktplatz in Lüchow versammelten sich am Montag abend spontan 100 Gegner zu einer Mahnwache. Auch vor dem Zwischenlager selbst traf sich eine Gruppe von AKW-Gegnern. Und am Bahnhof in Dannenberg, wo der Kran zum Umladen des Castor-Behälters von der Schiene auf die Straße steht, verbrannten Atomkraftgegner eine hölzerne Version jenes „X“, das zum Symbol des Protestes gegen die Atommüll-Transporte geworden ist.
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