: Verzweifelte Flucht aus Grosny
■ Tschetschenische Stellungen unter schwerem Beschuß
Moskau (AFP) – Die russische Armee hat gestern zum Angriff auf die letzten von den tschetschenischen Rebellen gehaltenen Stellungen in Grosny angesetzt. Sie beschoß fast pausenlos ein südliches Stadtviertel, zahlreiche Gebäude gingen in Flammen auf, verzweifelte Zivilisten versuchten an brennenden Einschußkratern vorbei zu entkommen. Einer der beiden letzten Fluchtwege aus Grosny wurde nahezu unpassierbar.
Tschetscheniens Außenminister Schamsettin Jussuf erklärte in Washington, der Widerstand habe noch nicht mit dem richtigen Kampf begonnen. Unter Hinweis auf die reichen Ölvorkommen in Tschetschenien, das sich 1991 für unabhängig erklärte, sagte er: „Wenn wir das Feuer legen, wird es in Moskau und nicht in Grosny brennen.“
Ein hochrangiger russischer Offizier kritisierte unterdessen das Versagen der russischen Truppen und die schlechte Vorbereitung durch Verteidigungsminister Pawel Gratschow. General Eduard Worobjow sagte, es habe „nicht einen einzigen positiven Punkt in der Vorbereitung dieser Operation, die nur aus Fehlern bestand“, gegeben. Der Verteidigungsminister sei verantwortlich dafür, daß die Truppen nicht genügend Zeit hatten, die Militäraktion vorzubereiten. Worobjow war am 22. Dezember als stellvertretender Heereskommandeur zurückgetreten, weil er die Militärintervention gegen Tschetschenien nicht leiten wollte. Die von Gratschow am Mittwoch genannte Zahl von 564 russischen Soldaten, die beim Versuch, Grosny einzunehmen, getötet worden seien, liegt nach Einschätzung von Beobachtern viel zu niedrig.
In Brüssel teilte die Europäische Kommission gestern mit, daß die EU der vom Krieg in Tschetschenien betroffenen Bevölkerung humanitäre Hilfe im Wert von etwa 9,45 Millionen Mark zukommen lassen will. Nach Schätzungen des Roten Kreuzes sind in der Kaukasusrepublik 400.000 Menschen auf der Flucht oder obdachlos geworden.
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