Der Integrations-Opa will den Konflikt

■ Lothar Bisky kündigt „Phase der Auseinandersetzungen“ für die PDS an

Der Mann weiß, was er hat: „den abenteuerlichsten Job in Europa“. Lothar Bisky, seit zwei Jahren Vorsitzender der PDS, tritt erneut zur Wahl um das Amt des Parteichefs an. Privat habe sich seit der ersten Kandidatur nichts geändert, teilt der 53jährige in der Vorstellungsrunde mit. Um einzuschränkend nachzuschieben: „keine Zeit gehabt, neue Kinder zu zeugen“. Bisky weiß, wie Sympathien zu schaffen sind.

Nötig hätte er das nicht. Ein Gegenkandidat ist ebensowenig in Sicht wie eine Alternative zu Gregor Gysi. Den geschundenen Seelen der Delegierten tut's dennoch gut, wenn sich der Chef loyal gibt. Die „Fünf Standpunkte“, vom Bundestagsgruppenchef Gysi, dem Ehrenvorsitzenden Modrow und auch von Bisky eingebracht, haben nur mit Mühe den Parteitag passiert. Geknirscht und gekracht hat es, weil unter anderem auch Bisky seinen Verbleib im Vorstand von der Annahme des Papiers abhängig gemacht hatte.

Nach dessen Verabschiedung gibt sich der Kandidat versöhnlich. „Manche sagen, ich nötige euch“, scheint er auf die KritikerInnen unter den rund 420 Delegierten einzugehen. Aber: „Ich habe aber keinen anderen Weg gesehen.“ Das, was viele im Haus am Köllnischen Park als nackten Erpressungsversuch werten, mutiert bei Bisky in die Aussage, „es war auch ein Hilfeschrei an euch“. Lothar Bisky kämpft um den Konsens in der Partei. Er, der aus der Partei komme, die immer recht hatte, habe den Eindruck gewinnen müssen, nun mit zehn Parteien konfrontiert zu sein, und die hätten jetzt „alle recht“.

Merkwürdig still ist es im großen Saal der früheren SED-Parteihochschule – stiller Protest am Kandidaten vielleicht? Die Stimmung kippt. Beifall kommt auf, und nicht zu knapp, Bisky hat sich gerade bei seiner Kontrahentin im Parteivorstand entschuldigt. Es sei seine Absicht nicht gewesen, die Sprecherin der Kommunistischen Plattform, Sahra Wagenknecht, persönlich zu verletzen. Das Traumergebnis wiederholt sich nicht: Mit 317 von 383 gültigen Stimmen bringt Bisky fast 83 Prozent der Delegierten hinter sich, vor zwei Jahren waren es noch rund 95 Prozent.

Entlassen will der frisch gewählte PDS-Chef seine Partei aus dem schwelenden Konflikt um die Grundsatzpositionen aber nicht. Eine „Phase intensiver Auseinandersetzungen auch in der Partei“ sieht er kommen, „es macht keinen Sinn, diese zu verschieben“. Folgt der Satz: „Sparen wir uns nichts an diesem Experiment PDS.“ Ein Experiment – in der Tat, wie auch Biskys Ankündigung, künftig nicht mehr den „Integrations-Opa“ spielen zu wollen. Wolfgang Gast