: Rätsel um Uran aus Rossendorf ungelöst
■ Sebastian Pflugbeil veröffentlichte die Akten der DDR-Atombehörde schon 1990
Berlin (taz) – Seit Schwarzhändler auch mal Plutonium und hochangereichertes Uran anbieten, schießen Spekulationen über die Herkunft solcher Atombombenstoffe ins Kraut. Leider auch in dieser Zeitung. Die US-amerikanische Zeitschrift Nuclear Fuel hatte im letzten Dezember den Verdacht geäußert, die Plutoniumproben, die im vergagenen Sommer in Süddeutschland aufgetaucht waren, könnten aus den DDR-Kernforschungsanlagen von Rossendorf stammen. Mögich ist es, bewiesen nicht. Vor drei Wochen hakte die Zeitung Junge Welt mit Dokumenten des Amtes für Atomsicherheit und Strahlenschutz der DDR nach, aus denen hervorgeht, daß in Rossendorf auch hochangereichertes Uran verschwand. Ganz so neu war dieser Aktenfund allerdings nicht. Sebastian Pflugbeil, Minister in der Modrow-Regierung, hat die als „vertrauliche Dienstsache“ abgestempelten Papiere auch keineswegs „unter Verschluß genommen“, wie wir am 16. Januar in der Aufregung über die mutmaßliche Enthüllung geschrieben haben. Pflugbeil übergab die Dokumente 1990 Bürgerinitiativen in Dresden. Auszugsweise sind sie nachgedruckt in der Broschüre „Bestandsaufnahme und Perspektiven der Atom- und Energiewirtschaft der DDR“, erschienen 1990 in Berlin, Darmstadt und Freiburg.
Um so erstaunlicher, daß die Sache selbst bis heute rätselhaft blieb. Die Kontrollbehörde der DDR war seinerzeit vergeblich bemüht, den Uranschwund zu erklären. Das Kernfoschungszentrum verweist auf eine Mitteilung des sächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, die in dieser Zeitung am 26. Januar als Leserbrief erschienen ist. Um mehr als um eine Meinungsäßerung handelt es sich in der Tat nicht. Die Differenz zwischen dem angeliefertem Uran und der Summe der daraus entstandenen Spaltprodukte lasse sich einmal durch eine überhöhte Angabe der tatsächlchen Menge an Spaltmaterial seitens der damaligen Sowjetuion erklären, zum anderen dadurch, „daß die Anlage noch Prozeßlösung“ enthalte. Beide Hypothesen hatten auch die DDR-Kontrolleure aufgestellt, jedoch als nicht hinreichend, zumindest als nicht überprüfbar verworfen. Niklaus Hablützel
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