piwik no script img

Lech Walesa will weder schießen noch schlagen

■ Polen vor der Parlamentsauflösung?

Warschau (dpa/taz) – Der Machtkampf zwischen Polens Präsident Lech Walesa und der Regierung geht weiter. Walesa drohte gestern erneut, das von den linken Koalitionsparteien beherrschte Parlament aufzulösen, falls er sich mit der Regierung über neue Minister und die Person des Polizeichefs nicht einigen kann. Bei einer Konferenz mit Vertretern der Regionalpresse versicherte er jedoch, er werde keine Gewalt anwenden. Der Parlamentspräsident Jozef Oleksy berief eine Sitzung des Ältestenrates ein, um über die Lage zu beraten.

„Es gibt keine Wahl, ich werde das Parlament auflösen müssen“, sagte Walesa. „Es wird jedoch niemand schießen – weder auf der einen noch auf der anderen Seite. Ich habe die Armee in der Hand. Ich werde auch niemanden schlagen. Ich rufe kein Kriegsrecht aus und werde die Abgeordneten nicht aus dem Gebäude tragen lassen.“ Walesa ließ im unklaren, mit welcher Begründung er das Parlament auflösen will. Unklar blieb aber auch, wie er aus der von ihm geschaffenen Krise wieder herauskommen will. Möglicherweise, so der Präsident, werde es eine Zeitlang zwei Führungen in Polen geben, aber das könne nicht lange dauern.

Die oppositionelle „Union der Freiheit“ (UW), deren Führer Walesa schon am Mittwoch über seine Absichten informiert hatte, lehnt eine Parlamentsauflösung durch Walesa als verfassungswidrig ab. UW-Chef Tadeusz Mazowiecki sagte, es sei nicht auszuschließen, daß die Abgeordneten seiner Partei am Wochenende im Gebäude des Sejm bleiben würden, um dort zu sein, falls der Präsident eine Schließung verfügen sollte.

Walesa hatte schon Anfang der Woche mit der Auflösung des Sejm gedroht, falls Regierungschef Pawlak ihm nicht bis zum Freitag Kandidaten für die vakanten Posten des Außen- und des Verteidigungsministers vorstellt. Einen Tag später teilte der Sprecher Walesas überraschend mit, Pawlak und der Präsident hätten sich auf Kandidaten geeinigt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen