piwik no script img

The Next Generation

■ Schauburg & Cinema kaufen Kinomogul Flebbe den „Europa“-Palast ab

Die Claims werden schon mal abgesteckt: Knapp zwei Jahre, bevor das „Cinemaxx“ in Bremen seine Tore öffnet, verändert sich die heimische Kinolandschaft Haus um Lichtspielhaus. Eben noch kündigte die neue Leitung der „Filmkunst“-Häuser (Atlantis, Gondel etc.) ihr aufgefrischtes Programm an, das die Fassbinder-Getreuen ebenso locken soll wie die Generation X; jetzt übernehmen zwei altgediente Alternativ-Betriebe das ganz große Haus unter den heimischen Palästen: Das „Europa“, und mit ihm die „City“-Schachteln, werden seit letzter Woche von einer neuen GmbH geführt – Besitzer: Manfred Brocki (Schauburg), Thomas Settje (Cinema) sowie der altgediente Programmchef Heinz Rigbers. Bisheriger Eigentümer der Immobilie: die Hamburger Flebbe-Gruppe, Betreiberin der „Cinemaxx“-Zentren.

Brocki und Settje, von Haus aus Konkurrenten um die Kundschaft im Viertel, haben sich für diesen Coup zusammengerauft. Viel Gegenwehr hat der alte Besitzer offenbar nicht geleistet. Denn Flebbe will seine alten Häuser ohnedies großteils abstoßen. Nach Programmkinos und mittleren Häuser setzt der jungdynamische Kinomacher nun ganz auf die „Cinemaxx“-Kisten. Das „neue Credo“ des Unternehmens: „Wir konzentrieren uns auf Planung und Bau von neuen Kinos und werden keine traditionellen Theater mehr hinzukaufen“, sagt Pressesprecher Thomas Schulz. Wenn „spätestens Anfang –97“ das Bremer Center hinterm Bahnhof aufmacht, will Flebbe „ein gutes Dutzend“ seiner Hi-Tech-Kästen in der Republik am laufen halten.

Mit dem „Europa“ und „City“ sei Flebbe ohnedies „nicht richtig glücklich geworden“, sagt Manfred Brocki. Denn Flebbe habe die Häuser aus der Ferne kaum rentabel führen können – das wollen die Bremer nun mit verschärften persönlichen Einsatz vor Ort hinbekommen. Für einen „erträglichen“ Preis habe das Bremer Bündnis die Kinos bekommen; 200.000 bis 300.000 Mark wollen sie nochmals investieren, um die Läden wieder in Gang zu kriegen. Die alte Belegschaft von knapp 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern habe man komplett übernommen. Die Leitung behält weiterhin Heinz Rigbers.

Mit „besonderen Aktionen“ wollen Brocki & Partner die Aufmerksamkeit der Kinogänger auf die alten Häuser am Bahnhof lenken. Wenn am Donnerstagabend der neue „Enterprise“-Spielfilm im „Europa“ landet (“Treffen der Generationen“), soll der Saal mit Star-Trek-Devotionalien geschmückt sein; die „Europa“-Mannschaft wird sich im Raumfahrerdreß um die neue Kundshaft kümmern. Mit Events wie „Langen Filmnächten“ könne man eben kaum jemanden mehr ins Kino locken – „das hat das Fernsehen längst übernommen.“

Ansonsten werde sich am eigentlichen Programm nicht viel ändern, sagt Brocki. Fürs nächste Halbjahr ist ohnedies noch das unter Flebbe eingekaufte Programm zu besichtigen. Immerhin konnten die neuen Eigner „Nicht ohne Leo“, Jürgen von der Lippes jüngste Filmerei, aus dem Spielplan werfen und den neuen Jodie-Foster-Film „Nell“ hineinheben. Ein sonderlich scharfes Profil werden die Kinos aber wohl nicht bekommen: „Gehobene kommerzielle Ware“ (Brocki) soll im „Europa“ laufen. Die Abgrenzung zwischen ehemaligen Alternativkinos und den Innenstadthäusern dürfte damit noch ein Stück weiter aufweichen – es sei halt alles „ein bißchen fließend geworden“. Immerhin: Bis das „Cinemaxx“ anläuft, hofft sich das neue Bündnis so profiliert zu haben, daß es den Kinoriesen nicht zu fürchten braucht. tw

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen