■ Das Portrait: Manfred Uschner
Die Agenturen brachten die Meldung am Sonntag eher beiläufig: Das Ex-SED-Mitglied Manfred Uschner sei von der Kreuzberger SPD aufgenommen worden. An anderen Tagen hätte sein Fall die Seiten gefüllt, an diesem Abend aber gehörte der frischgekürten Berliner SPD- Spitzenkandidaten Ingrid Stahmer die Aufmerksamkeit der Medienwelt. Der 58jährige hatte die SPD seit über einem Jahr mit seiner Bitte um ein Parteibuch genervt. Nun also darf der ehemalige Referent des SED- Politbüromitglieds Hermann Axen die von ihm heiß ersehnte sozialdemokratische Luft einsaugen. Die Nachricht von seiner Aufnahme wird bei manchen Ost-Sozialdemokraten Wut und Ärger auslösen. Schließlich wurde der Neu-Genosse im vergangenen Sommer in seinem Ostberliner Heimatbezirk Treptow von den dortigen Sozialdemokraten mehrheitlich abgelehnt. Insbesondere die ostdeutschen SPD-Mitbegründer Angelika Barbe und Stephan Hilsberg wetterten gegen den Konvertiten. Mit dessen Eintritt würden die „Türen für die alte Nomenklatur“ geöffnet, meinte noch jüngst Barbe.
Das Ex-SED-Mitglied ist seit Sonntag in der Berliner SPD Foto: Diagonal
Uschner ist nicht der erste ehemalige SEDler, den die Berliner SPD aufgenommen hat. Aber er ist ihr prominentestes Mitglied: Mit dem früheren Ost-Experten Egon Bahr pflegte er freundschaftliche Beziehungen. Beide kennen sich seit den achtziger Jahren, als Bahr und Axen über das gemeinsame SED-SPD-Papier verhandelten.
Uschner selbst begriff sich stets als sozialdemokratisches Schaf im kommunistischen Wolfspelz: Seine Eltern seien beide in der SPD gewesen, die Erinnerung an diese Tradition habe er nie vergessen. Im Frühjahr 1989 fiel Uschner nach eigener Darstellung bei seinem damaligen Chef Axen wegen „Sozialdemokratismus“ in Ungnade und wurde ins Zentralinstitut für Philosophie an der Akademie der Wissenschaften abgeschoben. Knapp ein Jahr darauf trat er aus Enttäuschung über den mangelnden Reformwillen aus der, damals noch, SED/ PDS aus. Uschner, der sich als „demokatischer Sozialist“ versteht, will seine neue Partei für ehemalige Alt-Kader und frustrierte PDS-Mitglieder öffnen. Die SPD dürfe im Osten nicht zur Sekte verkommen. Den Persilschein haben ihm die Kreuzberger Genossen am Wochenende ausgestellt: Man hoffe, daß Uschner seine „vielfältigen Erfahrungen“ im Kampf gegen die PDS nutzen werde. Severin Weiland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen