: Die Reform geht weiter
■ Ungarn hat neuen Finanzminister und Nationalbankchef / Börse erholt sich
Berlin (taz) – So stark, wie bei der Rücktrittsankündigung von Ungarns Finanzminister László Békesi Ende Januar war der Budapester Börsenindex noch nie gefallen. Gestern erholten sich die Kurse wieder: Ungarns Ministerpräsident Gyula Horn hatte am Dienstag den neuen Nationalbankpräsidenten ernannt und den Anwärter für den Posten des Finanzministers bekannt gegeben.
Chef der Nationalbank wird György Surányi. Als Nachfolger des noch bis Ende Februar amtierenden Finanzministers Békesi ernannte der Regierungschef Lajos Bokros. Beide sind ausgewiesene Finanzexperten und haben sich als Reformpolitiker einen Namen gemacht. Der 40jährige Ökonom György Surányi war von 1990 bis 1991 schon einmal Ungarns Nationalbankpräsident, bis ihn die Antall- Regierung absetzte, weil er eine zu strenge Währungspolitik betrieben hatte und durch kritische Äußerungen aufgefallen war. Surányi hat sich im Zuge der Wirtschaftsreformen seit Mitte der 80er Jahre einen Namen gemacht, arbeitete bei der Weltbank und war zuletzt Direktor der Mitteleuropäischen Internationalen Bank (CIB).
Der 39jährige Ökonom Lajos Bokros arbeitete zu Anfang der 80er Jahren in der Finanzforschung, seit 1988 bei der Nationalbank und wurde 1990 Präsident der neugegründeten Budapester Wertpapierbörse. Er ist mit Surányi seit langem bekannt und veröffentlichte 1985 mit ihm ein finanzwissenschaftliches Buch.
Vor allem Surányi hat seine Amtsaufnahme mit einem strengen Sparkurs verknüpft und sich für eine restriktive Währungspolitik ausgesprochen. Von Bokros ist zu erwarten, daß er das Wirtschaftsreformprogramm seines Vorgängers Békesi fortsetzen will und sich vor allem um eine Reform des Staatshaushaltes bemühen wird. Obwohl der Weg für weitere Wirtschaftsreformen damit wieder offen ist, sind neue Konflikte unter den ungarischen Sozialisten zu erwarten, wie der ungarische Konjunkturforscher László Csaba meint, der zugleich Mitglied im Ausschuß für die Haushaltsreform ist.
Vor allem altkommunistische Gewerkschaftsführer und die Lobby der staatlichen Betriebsdirektoren hatten seit Amtsantritt der Regierungskoalition aus Sozialisten und Freidemokraten Mitte letzten Jahres einen Sparkurs verhindert, obwohl der Staatshaushalt so verschuldet ist wie noch nie, die Zahlungsbilanz ein Rekorddefizit erreicht hat und Ungarns Auslandsschulden auf die 30-Milliarden-Dollar-Marke zusteuern. Keno Verseck
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