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Angst im Uni-„Lustgarten“?

■ Ein Bremer Planungsbüro begleitete aus Frauensicht das Bauvorhaben Unizentrum

Das Archiktekturbüro Alsop & Störmer schlug vor, am Ende des Uni-Boulevards – hinter der Mensa – einen „Lustgarten“ mit niedlichen Hecken anzulegen. Als kleines Plätzchen zum Luftholen. Tagsüber, denn nachts droht auch hier wieder Düsternis und Angst. Also bleibt alles, wie es ist? Das Boulevard-Areal an der Bremer Uni soll umgebaut werden, die beiden besten Entwürfe sind bereits prämiert. Am Donnerstag nahm die alternative Bremer Planungsgruppe Vor Ort diese etwas genauer unter die Frauenlupe: „Abends in der dunklen Jahreszeit ist hier alles total grauenhaft“, meinte eine Studentin bei einer Umfrage letzten Sommer. – „Richtig beleuchtet wird auch jetzt in keinem der beiden Umbaumodelle“, kritisiert Franziska Lehmann von Vor Ort.

Von Anfang an waren die Fachfrauen des unabhängigen Planungsbüros als beratendes Gremium in das Umbauprojekt rund um das ungeliebte „Kellergewölbe“ Uniboulevard eingebunden; das ist bei einem so großen, öffentlichen Haus wie der Bremer Uni neu. Eigenmächtig hatte sich die Frauenkommission der Uni schon 93 in das Ausschreibungsverfahren eingemischt und die Hand in Sachen Frauenfragen gehoben. Bis der Akademische Senat zustimmte, ein Fachbüro zu Wort kommen zu lassen. Man war allseits gewillt, vom dunklen Betonklotzambiente im Herzen der Uni und „menschenfeindlicher Architektur!“ (eine Studentin) wegzukommen.

Den Frauen von Vor Ort, die mit der Bremer Feministischen Organisation von Planerinnen und Architektinnen (FOPA) kooperierten, ging es dann bei ihrer Arbeit aber nicht nur um das Thema Licht. Sie forderten mehr frauengerechten Aufenthalts- und Freizeitwert plus „Service“ auf dem Gelände zwischen Mensa und See, Bibliothek und Studentenhaus. Spielplätze, Bänke, Gemüseläden, Geldautomaten, Frauentaxi! wünschen sich die Studentinnen und Wissenschaftlerinnen hier ganz konkret: Aus einer Umfrage unter allen Unifrauen haben Vor Ort und FOPA handfeste Planungskriterien gezogen, ein Gutachten erstellt und dies den sich bewerbenden Architekturbüros sowie der Jury unterbreitet.

Inzwischen ist an das eingereichte Modell „Lustgarten“ der erste Wettbewerbspreis gegangen. Das Hamburger Architekturbüro Alshop & Störmer (alles Männer) hat eine gläserne Infohalle ins Unizentrum gesetzt. Das Unitheater soll bis an die Bushaltestelle vorgeholt werden, es wird ein Theater- und ein Seecafé geben, eine Bank, eine Post, einen Supermarkt, und viel Glas. „Ist dies einfach nur schick oder hat es auch irgendeinen Gebrauchswert?“ fragte Vor Ort und wertete: „Ambivalent.“ Ausreichend sicher und übersichtlich sei der Entwurf – dennoch fehlten eine flächendeckende Ausleuchtung, vor allem beim Zugehen auf den Boulevard. Außerdem seien Notrufsäulen und Frauenstellplätze Mangelware.

Dies gelte auch für die Lösung „Forum“ (2. Preis an das Ehepaar Rüdiger aus Braunschweig). Stadtplanerin Franziska Lehmann hält deren Variante „Bäume statt Boulevard-Dach, dafür eine Haube über das ganze Areal“ teilweise für sympathischer weil offener. „Hier wird zwar mehr gewohnt im Zentrum, andererseits fehlen andere Nutzungsangebote wie Läden und Lokale.“

Mit dem Abgleich von Gutachten und Entwürfen hat Vor Ort gestern ein erstes kleines Erfolgsresümee zu dem Projekt gezogen. Hart umkämpft waren nämlich anfangs seine Finanzierung – die letztlich die Uni vollständig übernommen hat – und die Absegnung durch die Baubehörde. Vor Ort besuchte die Bausenatorin, nahm eine bereits vorliegende Städtebaustudie und ein Wirtschaftsgutachten zum Uniumbau kritisch auseinander. Vor allem aber brachten die Planerinnen insgesamt sechs Frauen in die Vorprüfung und in das Preisgericht des Wettbewerbs. „Wir sind zufrieden mit dem Ergebnis“, kommentiert Sabine Görges-Dey aus der Uni-Frauenkommission die nun ausgewählten Entwürfe. „Viele Frauenbelange finden wir dort wieder. Was davon aber jetzt auch umgesetzt wird, hängt wiederum vom Geld ab. Sponsorenmodelle sind gefragt.“ sip

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