„Die Dynamik stimmt mich optimistisch“

Die Zukunft liegt in der dezentralen Anwendung regenerativer Energiequellen / Bei Bezug des billigen Stroms aus Kohle- und Atomkraftwerken sind die Umweltfolgekosten nicht gedeckt / Ein Umwelt- und Energieministerium könnte einiges bewegen

Die Nutzung regenerativer Energiequellen wird zwar vielerorts intensiv diskutiert. Die Erkenntnisse indes werden unterschiedlich bewertet. Das erschwert die längst fällige richtungweisende politische Entscheidung zu ihren Gunsten erheblich. Über ökologische und ökonomische Probleme und Aussichten beim Einsatz erneuerbarer Energieträger sprach die taz mit dem Direktor und Geschäftsführer des Berliner Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT), Rolf Kreibich (56).

taz: Wie kann man denn die Vorteile von Sonne, Wind und Wasser unterschiedlich bewerten?

Rolf Kreibich: Wenn man die ökologischen und sozialen Folgeschäden der Nutzung fossiler und nuklearer Energien betrachtet, kann es volkswirtschaftlich wohl keinen Zweifel daran geben, daß die regenerativen Energien weit besser abschneiden. Sie sind langfristig betrachtet die einzigen Energiequellen, mit denen unsere Lebens- und Produktionsgrundlagen erhalten werden können. Deshalb brauchen wir einen grundlegenden Energiewandel, der nach folgendem Muster abläuft: An erster Stelle steht konsequente Energieeinsparung, dann der Einsatz regenerativer Energien, dann Energiespeichertechnik, und erst dann dürfen die fossilen Träger kommen, vorrangig Erdgas.

Nun ist ein vielbemühtes Argument, der Einsatz regenerativer sei gegenüber fossilen Energiequellen nicht wirtschaftlich. Unterschlagen wird, daß jeder Arbeitsplatz eines Bergmanns pro Jahr mit 118.000 Mark subventioniert wird – mehr als mancher Kumpel pro Jahr verdient. Wie schnell wäre denn erneuerbare Energie wirtschaftlich, subventionierte man sie? Und wie viele Subventionen müßten pro Jahr in diesen Energiesektor fließen, um ihn wirtschaftlich zu machen?

Würde man die Energiesteuer einführen – etwa die Mineralölsteuer jährlich um sieben Prozent anheben – und außerdem einen Teil der externen ökologischen und sozialen Folgekosten der Verbrennung von fossilen Energieträgern sowie der Nuklearenergie einbeziehen und würden wir darüber hinaus die Subventionierung der Kohle in Richtung regenerative Energien umwandeln, also den Slogan wahr machen „vom Kohlepfennig zum Solarpfennig“, dann wären wir wahrscheinlich innerhalb kürzester Zeit, etwa im Jahr 2000, bei den meisten regenerativen Energien in wirtschaftlichen Zonen. Das sind wir übrigens heute schon bei der solarthermischen Nutzung und bei einigen Windkraftanlagen.

Vielerorts wird die Angst geschürt, die Bergleute verlören ihre Arbeitsplätze, würde man auf die Kohlesubvention verzichten.

Es gibt heute schon genügend Studien und Untersuchungen, die besagen, daß die dezentrale Energietechnik – insbesondere Kraft- Wärme-Kopplung – arbeitsmarktintensiver ist als herkömmliche. Energieeinsparung und Maßnahmen zur rationellen Energieverwendung sind kurz- und mittelfristig mit günstigen Arbeitsplatzeffekten verbunden, günstiger jedenfalls als bei Großtechnologien. Sie sind zudem technisch leichter zu realisieren und natürlich sozial am verträglichsten, weil sie besser von den Menschen angenommen werden gegenüber etwa Kernkraft oder anderen Großkraftwerken, die nach wie vor auf hohe Inakzeptanz stoßen.

Würden 60 Prozent der bisher in vielen Teilen der Welt üblichen Holzkocher durch Solarkocher ersetzt, meinte kürzlich der WWF, würde ein Drittel weniger Wald abgeholzt. Sonne, Wind und Wasser schonen energetisch betrachtet die Ressourcen und schreiben keine Rechnung. Wieso reichen denn diese Erkenntnisse allein noch nicht aus, um die Wende in der Energieproduktion herbeizuführen?

Hier wäre ich sehr vorsichtig. Die Veränderung vom Holzkocher zum Solarkocher ist sicher ein wichtiger Schritt für die Entwicklungsländer und sollte auch ein Ziel sein. Aber der springende Punkt sind die Industrieländer: Mit weniger als 20 Prozent der Weltbevölkerung verbrauchen wir etwa 81 Prozent der fossilen und nuklearen Weltenergieproduktion. Wenn man sich überlegt, daß ein Deutscher etwa 13mal soviel Energie verbraucht wie ein Afrikaner und rechnerisch 65mal soviel Kohlendioxid emittiert, dann ist die Energiewende überhaupt nur in den Industrieländern zu erreichen. Das wiederum geht nur, wenn wir konsequent rationell und sparsam mit Energie umgehen – also: sparen, effiziente Technik einsetzen und regenerative Energiequellen bevorzugen.

Wenn das alles bekannt ist, wieso setzen die Entscheidungsträger in den Energiekonzernen noch immer auf Großkraftwerke?

Die Gründe sind eindeutig: Die großen Energieversorger haben ihre zentralistischen Systeme aufgebaut und beherrschen durch ihr Monopol den gesamten Energiemarkt. Mit jeder Entscheidung, die Technologie zur Ernergieversorgung dezentral einzusetzen, müßten sie ein Stück ihrer Macht abbauen. Wir müssen also leider davon ausgehen, daß die großen Energieversorger überhaupt kein Interesse an dezentralen Strukturen haben können. Dabei haben wir jetzt die Aufgabe, gesellschaftspolitisch die Weichen dafür zu stellen, daß solche Techniken greifen. Man muß auf die Energieversorger Einfluß nehmen, Konzepte und energierechtliche Rahmen ändern, damit die Monopole abgebaut und die Versorger gezwungen werden, sich vom Energieanbieter zum Energiedienstleister zu entwickeln. Wenn das gelingt und die dezentralen und regenerativen Techniken ihre Lücken finden, dann können die zentralen Versorgungssysteme schrittweise abgebaut werden.

Afrika, Asien und Australien verfügen über riesige Landflächen mit hoher Sonneneinstrahlung. Warum bauen diese Kontinente dort keine Solarkraftwerke und verkaufen den Strom an den Rest der Welt? Damit wären viele Länder doch gleichzeitig ihrer wirtschaftlichen Misere ledig.

Grundsätzlich wäre das natürlich denkbar. Allerdings müßte man dann die Solartechnik wiederum mit einer Wasserstofftechnik kombinieren, den Strom also zum besseren Transport in chemische Energie umwandeln. Das birgt jedoch noch enorme Risiken. Auch beim Transport über lange Stromleitungen haben wir Probleme, und es gibt große Leitungsverluste.

Statt Öltanker könnte man doch große schwimmende Batterien bauen. Afrika zum Beispiel verkauft in Ladestationen an seiner Küste den Strom auf die Batterieschiffe, der in Marseille, Barcelona, Hamburg oder London wiederum in nationale Netze eingespeist wird.

Denkbar ist das, und es gibt auch eine ganze Reihe solcher Modelle. Aber bisher sind sie an den politischen Rahmenbedingungen und technischen Risiken gescheitert. Ich denke auch, daß man im Moment seine Ziele nicht danach ausrichten, sondern in erster Linie die dezentralen energieeffizienten Systeme forcieren sollte. Das ist die einzig sinnvolle Strategie für die nächsten Jahre. Wir müssen vor allem runter von den hohen Stoffenergie- und Transportströmen.

In 60 Jahren sind Schätzungen zufolge Kohle, Öl und Gas als Energieträger erschöpft. Derzeit werden EU-weit vier Prozent des Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen gedeckt, in 15 Jahren sollen es 13,3 Prozent sein. Sitzen wir also im Jahre 2050 alle im Dunkeln?

Wir haben sicher noch für mehrere Jahrhunderte Kohle vorrätig – da stimmen Ihre Angaben nicht –, Öl ist vielleicht in 60 Jahren verbraucht, Gas in 80.

Ich bestreite nicht, daß das Ressourcenproblem akut ist, aber das Hauptproblem liegt woanders: Der kritische Engpaß sind die Schadstoffemissionen. Schon heute sind einzelne Ökosysteme überlastet, und wir sind dabei, die Lebensräume Luft, Boden und Wasser zu zerstören. Wir machen uns unsere eigene Lebensgrundlage kaputt, weil wir die wichtigste Reproduktionsbasis, die Natur, vernichten. Wir verhalten uns bisher nicht wie Sachwalter dieses Naturvermögens, sondern wie Räuber.

Man kennt sowohl die Konzepte für die Zukunft als auch die Wege dorthin. Mißbrauchen also die Montan-Industrie und die Energiekonzerne ihre Macht und Möglichkeiten?

Das kann ich uneingeschränkt bejahen. Die zentralen Versorger sind prägend für das gesamte Energieversorungssystem, und ihre Monopolstellung erschwert seit Jahrzehnten eine alternative Energiestrategie.

Es ist schwer, in dieses System dezentrale Anlagen wie Wärmepumpen, Solaranlagen oder Blockheizkraftwerke einzupflanzen. Hier müssen seitens der Politik die rechtlichen Rahmenbedingungen entscheidend geändert werden. Wir haben darüber oft mit Vertretern der Energiekonzerne diskutiert. Man kann natürlich diese Monopolstellung noch einige Jahrzehnte aufrechterhalten. Das aber geht zu Lasten der Gemeinschaft und, dramatischer ausgedrückt, des gesamten Globus.

Denken denn die Manager der Energiekonzerne nur von hier bis zur nächsten Tür, sprich in Zeiträumen von 10 bis 20 Jahren?

Die Konzerne sehen natürlich, daß ein Kraftwerk mit fossilen Brennstoffen 30, 40 Jahre lang in Dienst stehen kann. So lange sind etwa Abschreibungszeiträume und Lebensdauer. Damit wähnen die Unternehmen ihre Zukunft gesichert.

... was sie ja nicht ist ...

Natürlich nicht. Jetzt wird man allerdings immer wieder hören, daß die Energiekonzerne meinen, sie wären sehr zukunftsorientiert und würden sich auch für Sonnenenergie und Windkraft einsetzen. Das sind aber nur marginale Ansätze. Heute darf es nicht mehr darum gehen, Pilotvorhaben durchzuführen. Wir müssen einen Kippeffekt herbeiführen, aus der fossilen und nuklearen Energiestruktur aus- und in die regenerative einsteigen. Das machen die aber noch nicht mit. Wir müssen sie jedoch im Interesse des Gemeinwohls dazu zwingen.

Wie begründen die denn ihre rückwärtsgewandte Politik?

Die begründen das mit Fragen der Wirtschaftlichkeit; die wiederum hängt an niedrigen Preisen für Primärenergie und den vorhandenen großtechnischen Strukturen, die eben abgeschrieben werden müssen.

Bringt man die Stromkonzerne überhaupt ohne dirigistische Maßnahmen dazu, zukunftsweisend zu denken und zu investieren?

Die Politik muß auf jeden Fall auf die Preise der Energieträger Einfluß nehmen. In dem Augenblick, wo die dezentralen Versorgungssysteme und die regenerativen Energien konkurrenzfähig sind, wird es den Masseneffekt geben, daß sich Hausbesitzer, Wohnungsbaugesellschaften und Unternehmen insbesondere beim Neubau dieser Technik bedienen.

Der Stadtrat von Aachen hat ja schon beschlossen, die Photovoltaik zu subventionieren ...

... und die Konzerne waren ziemlich aufgeregt. Wer in Aachen eine Solaranlage baut und überschüssigen Strom in das öffentliche Netz einspeist, bekommt den Differenzbetrag seiner eigenen Kosten zu den Kosten, die für Strom bezahlt werden müßten, würde er ihn aus dem öffentlichen Netz beziehen, erstattet. Das hat die Energieversorger auf die Palme gebracht, weil sie Angst haben, daß dieses Beispiel massenweise in den Kommunen Schule macht. Würde dies geschehen, bekämen die Hersteller von Solarzellen natürlich Auftrieb und könnten größere Mengen zu geringeren Stückkosten produzieren. Außerdem würde die Forschung und Entwicklung rasant beschleunigt, so daß sich die Wirkungsgrade der Zellen

Fortsetzung nächste Seite

Fortsetzung

erheblich verbessern würden. Die neue Konkurrenz zwischen fossilen und solaren Energieträgern wäre absehbar.

Zu Ende gedacht, wäre das doch ein Horrorszenario für die Stromkonzerne: Die individuelle Versorgung nimmt zu, der Nutzen und die Wichtigkeit des sogenannten öffentlichen Netzes nehmen ab, es rentiert sich nicht mehr, falls die Konzerne auf den fossilen Energieträgern beharren. Müßten da die Konzerne nicht schon aus Selbsterhaltungstrieb umdenken?

Das ist für die Stromkonzerne nur so lange ein Horrorszenario, wie sie sich den Zukunftsstrategien rationeller Energieverwendung und Nutzung regenerativer Energien verschließen. Ich kann nicht verstehen, warum sie nicht in die Offensive gehen und selbst Energiedienstleistungen und technische Systemlösungen anbieten, die mit hoher Energieeffizienz und Kostenvorteilen für den Kunden verbunden sind.

Wir brauchen in den Vorstandsetagen der Strom- und Mineralölkonzerne Zukunftsmanager, die auch langfristig denken können und den volkswirtschaftlichen Nutzen mit betriebswirtschaftlichen Gewinnen optimal verbinden.

Für Sie gehört die politische Arbeit für die erneuerbaren Energiequellen zum Tagesgeschäft. Kann ich ohne jeglichen direkten Kontakt zu den Überzeugungstätern in den Chefetagen die Stromkonzerne überhaupt beeinflussen? Allein Energie zu sparen kann ja nicht alles sein.

Ich bin sehr für Zusammenarbeit, auch für den energiepolitischen Konsens. Aber nicht um jeden Preis. Das Hauptziel eines solchen Konsenses muß die nachhaltige Sicherung unserer natürlichen Lebensgrundlagen sein – hieran muß sich die Energiepolitik orientieren.

Wichtig wäre seitens der politischen Führung auch mehr Aufklärung: zum Beispiel über den Weg der Energieberatung oder Weiterbildung zu diesen Fragen in Schulen und Hochschulen.

Das sieht man in Bonn anders. Noch vor wenigen Monaten warnte der Bundesforschungsminister höchstselbst „vor überzogenen Erwartungen“ hinsichtlich des Beitrages, den erneuerbare Energien für die Versorung der Zukunft leisten könnten. Wörtlich: „Crash- Programme wie ein 100.000-Dächer-Solarstromprogramm schaden erneuerbaren Energien eher, als sie ihnen nutzen.“

So was kann ich nicht unterschreiben. Man kann es natürlich so betrachten: Das 100.000-Dächer-Programm – bisher hatten wir nur ein 1.000-Dächer-Programm – sei schädlich, weil die Kosten pro Kilowattstunde, die zusätzlich aufgebracht werden müssen, erheblich sind.

Eine Kilowattstunde kostet fossil produziert etwa 25 Pfennig und photovoltaisch etwa 2 Mark. Also müssen 1,75 Mark subventioniert werden. In großem Stil so vorzugehen erfordert einen großen Subventionsbedarf. Wir müssen uns aber darüber klarwerden, daß bei den 25 Pfennig keinerlei Kosten für Umweltschäden eingerechnet sind.

Außerdem wollen wir ja gerade mit diesen Subventionen erreichen, daß die regenerative Energie in absehbarer Zeit aufgrund größerer Nachfrage wesentlich preisgünstiger zu produzieren ist.

Was heißt „in absehbarer Zeit“?

Eine realistische und konsequente Strategie der Energieeinsparung und rationellen Energieverwendung ermöglicht innerhalb einer Zeitspanne von etwa 12 bis 17 Jahren ein Einsparpotential an Primärenergie von 30 bis 50 Prozent des heutigen Energieverbrauchs.

Eine schrittweise Verteuerung der fossilen und nuklearen Energieträger und die Einbeziehung von Umwelfolgekosten sowie eine entsprechend forcierte Förderung regenerativer Energien können dazu führen, daß die erneuerbaren Energien bis zum Jahre 2005 oder 2010 einen Anteil von etwa 20 bis 30 Prozent am Primärenergieeinsatz haben.

In Australien soll es Forschern gelungen sein, die Kosten für einen Quadratmeter Voltaikmodul durch technische Raffinesse von derzeit 1.000 bis 2.000 Mark auf 40 Mark zu senken. Der Kilowattpreis läge damit bei 20 Pfennig. Wäre das, falls es stimmt, der Durchbruch?

Davon habe ich auch gehört. Ich bin aber skeptisch, daß diese Rechnung stimmt. Allerdings gibt es an verschiedenen Stellen sehr interessante Entwicklungen von Solarzellen, nicht zuletzt eine Zellenentwicklung mit einfach beschichtetem Glas, was zu einem massenhaften Einsatz bei Fenstern und Fassaden führen könnte. Solche Innovationsschübe bringen die Photovoltaik voran. Daß es bis zu solchen Verbesserungen des Wirkungsgrades kommt, wie es das australische Projekt behauptet, wage ich vorerst nicht zu bestätigen.

Wenn man eine zukunftsfähige Entwicklung der regenerativen Energieträger durchsetzen will, müssen alle an einem Strang ziehen: Wissenschaft, Technik, Wirtschaft und Politik. Sie fordern deren Verpflichtung nicht nur auf ökologische, sondern auch auf soziale Ziele. Was heißt das?

Das heißt zum Beispiel, daß wir aus der Kernenergie aussteigen müssen. Tschernobyl hat deutlich gemacht, daß ganze Landstriche vernichtet werden können, gar nicht zu sprechen von den Leiden der betroffenen Bevölkerung. Und noch immer ist das Problem des Entsorgungskreislaufes nicht gelöst.

Kernenergie ist also nicht sozialverträglich. Die fossilen Energieträger sind es ebensowenig, denn durch sie zerstören wir unsere Lebensgrundlagen und ruinieren unsere Gesundheit, insbesondere die unserer Kinder. Wir sollten neue Wege gehen und beispielsweise Kindern, Jugendlichen und späteren Generationen einen stärkeren politischen Einfluß verschaffen, etwa durch spezielle Enquetekommissionen und Parlamentsausschüsse.

Bislang gibt es auf Staatsebene – außer in Dänemark – noch nicht mal eigene Energieressorts. Alles ist angesiedelt beim Industrie-, Wirtschafts-, bestenfalls beim Umweltminister. Wäre beispielsweise ein Energieminister öfter mal präsent, wäre das Problem doch einfacher zu vermitteln.

Sicher. Berlin zum Beispiel ist da besonders kraß: Dort beschäftigen sich fünf Senatsverwaltungen, nämlich die für Umwelt, Bau- und Wohnungswesen, Wirtschaft und Technologie, Verkehr sowie Finanzen mit dem Thema. Gelänge es wenigstens, Energie und Umwelt unter ein ministerielles Dach zu bekommen, dann müßte allerdings der Energie- und Umweltminister auch eigene wirtschaftliche, technologische und vor allem finanzpolitische Kompetenzen bekommen.

Denken Sie mal positiv: Welche Chancen hat denn die Menschheit, und wie können wir sie nutzen?

Die Aussichten sind nicht so frustrierend, wie Sie mit Ihrer Frage andeuten. Erstens haben wir keine andere Möglichkeit, als uns diesen Problemen zu stellen. Die Hauptfrage ist, ob wir zeitig genug die Notwendigkeit begreifen, daß ein Umsteuern erfolgen muß. Es gibt viele sehr optimistisch stimmende Projekte.

Ich setze auf die Dynamik des Prozesses: Durch neue Muster des Wettbewerbs laufen viele Dinge in die richtige Richtung. Denken Sie nur an den ersten FCKW-freien Kühlschrank: Da haben alle großen Haushaltsgerätehersteller nachgezogen. Ein neues Fernsehgerät, das vom IZT und von Loewe-Opta entwickelt wurde, ist zu 96 Prozent recyclingfähig. Unsere Hoffnung ist, daß solche Geräte Schule machen. Gleiches gilt auch für die regenerativen Energiequellen.

Ich bin optimistisch, daß gute Chancen bestehen, damit in die nächsten Jahrzehnte zu gehen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Interview: Andreas Lohse