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Press-SchlagPlausch beim Birdie

■ Beim Golfen wird im Süden Afrikas die wirkliche Politik gemacht

Als in Sambia noch der weißhaarige Patriarch Kenneth Kaunda das Land regierte, wußten die im Land akkreditierten Diplomaten: Offizielle Demarchen im Ministerium sind nutzlos, ein kleiner Plausch am Rande des Golfklubs mit den richtigen Funktionären brachte dagegen sehr viel. Zur Freude eines dem Pullacher Bundesnachrichtendienst verpflichteten deutschen Diplomaten galt diese Regel auch in Simbabwes Hauptstadt Harare. Pünktlich zur Mittagspause zog es den Mann tagtäglich zum Golfplatz, um während des Puttens seine Spürnase ins Spiel zu bringen.

Ausgerechnet der begeisterte Golfer Frederik W. de Klerk, Südafrikas Vizepräsident, will die diskreten Gespräche zwischen Sandgrube und Grün nun ins gleißende Licht der Öffentlichkeit zerren. Bei einem Essen mit Geschäftsleuten in der australischen Stadt Melbourne schlug er einen globalen Wettkampf zwischen den Mächtigen der nördlichen und der südlichen Halbkugel vor. Der Sieger, davon zeigt sich de Klerk felsenfest überzeugt, steht schon fest: der Süden. „Dann werden wir südlich des Äquators endlich unseren Minderwertigkeitskomplex loswerden“, warb er bierernst für seine Idee.

Der letzte weiße Präsident Südafrikas muß wissen, wovon er redet. Seit den ersten demokratischen Wahlen im April 1994 spielt er hinter Nelson Mandela nur noch die zweite Geige in der Politik am Kap. Beim Golfen aber bleibt er unangefochten. Rund 50 Klubs Südafrikas haben ihn zum Ehrenpräsidenten erkoren. Im weltberühmten Krüger-Nationalpark wurde vor einigen Jahren auf seine Initiative hin eine Exklusivunterkunft samt Lochparcour für Politiker und ihre Bekanntschaften gebaut.

Südafrikas Golfplätze, das gilt unter den Freunden des geruhsamen Sports als unbestritten, gehören zum Feinsten, was die Welt zu bieten hat. Meistens jedenfalls. Selbst in der Township Soweto existiert eine Anlage – auch wenn das Grün dort oft an ein in der Dürre zugrundegegangenes Maisfeld erinnern mag. Im Vergnügungszentrum Sun City bieten einige Reptilien einen besonderen Anreiz, einen großen Bogen um die tückischen Teiche und Bäche des Golfkurses zu schlagen. Dort lauern Krokodile auf die weißen Bälle – und, wenn eine glückliche Fügung es will, auch auf die nahrhaften Wesen, die nach den verlorengegangenen Sportobjekten suchen.

In einer Region, in der Politikgrößen und Wirtschaftsbosse so manchen Deal am Golfplatz einfädeln, liegt es natürlich nahe, daß sich auch einige der aus dem Ausland angereisten Berichterstatter Hoffnung machen, mit dem Schläger in der Hand und dem Caddy im Schlepptau bei den Mächtigen des Landes interessante Neuigkeiten zu erfahren. Doch Aspiranten seien gewarnt. Der Weg zum anerkannten Golfer ist lang und mühsam. Vor den vertraulichen Plaudereien unter Golfesgleichen kommt erst einmal die harte Lehre in einem sogenannten „Mickey Mouse Club“. Just dort mußte sich der hoffnungsvolle Aspirant einer deutschen Zeitung nach den ersten Übungsschlägen vom Lehrer fragen lassen: „Wollen Sie eigentlich Golf oder Tennis spielen?“ Willi Germund (Johannesburg)

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