piwik no script img

Auf Pekings Straßen blüht das Raubkopiengeschäft

■ Chinas Führung weiß, daß ein Handelskrieg die USA teuer zu stehen käme

Peking (AFP) – Während ab heute Regierungsvertreter der USA und China versuchen werden, den drohenden Handelskrieg zwischen ihren Ländern doch noch abzuwenden, geht in Peking der Handel mit Raubkopien weiter. In der Hauptstadt gehen diejenigen, um die sich die Gespräche drehen, unbehelligt ihren Geschäften nach. Die heiße Ware kommt aus der südlichen Provinz Guangdong. Dort befinden sich die 29 Firmen, die Raubkopien im großen Stil herstellen und deren Schließung der US-Handelsbeauftragte Mickey Kantor vehement fordert.

Der Vertrieb läuft über Netze im Untergrund. „Wir erfahren durch Mund-zu-Mund-Propaganda, wo und wann die nächste Lieferung kommt“, erzählt Bao Chen, ein junger Verkäufer illegal kopierter CDs. Er kauft meist so um die 20 CDs, die er in den großen Einkaufsstraßen Pekings weiterverkauft. Um den Polizeirazzien zu entgehen, versteckt er die Ware in einem großen Sack, den er nur für Interessenten öffnet, und wechselt ständig seinen Standort.

Eine CD kostet ihn zwischen 9 und 12 Yuan (etwa 1,50 bis 2,00 Mark) und wird für 15 Yuan (rund 2,50 Mark) weiterverkauft. An einem guten Tag verdient Bao etwa 12,50 Mark. Verhaftet wurde er schon mehrmals, aber „meist lassen uns die Bullen für 700 Yuan (125 Mark) wieder frei“. Wenn die Händler nicht zahlen können, beschlagnahmen die Polizisten die Ware. Ganz anders ist die Strategie der Computerpiraten. Sie betreiben meist legal einen Laden und kopieren auf Anfrage im Hinterstübchen heimlich die gewünschte Software. Im Schaufenster kostet eine aktuelle Version von Windows umgerechnet 430 Mark, wenn man mit dem Verkäufer ins Gespräch kommt, gibt es sie schon für 35 Mark.

US-Firmen verlieren nach eigenen Schätzungen umgerechnet etwa 1,5 Milliarden Mark pro Jahr durch illegale Kopien von Filmen, Kassetten, Disketten und CDs. Die Regierung in Peking hat bisher ein härteres Durchgreifen gegen die Schwarzkopierer kategorisch abgelehnt, wohl wissend, daß ein Handelskrieg die USA teuer zu stehen käme – für die US-Regierung ist der chinesische Absatzmarkt eines der größten Wachstumspotentiale der Zukunft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen