: Mein Bruder, der Ché
■ „Das bolivianische Tagebuch“ (F)
Mit der Verfilmung des „Bolivianischen Tagebuchs“ hätte er „den Ché“ wieder zum Leben erwecken wollen, erklärte bescheiden der 50jährige Schweizer Regisseur Richard Dindo. Der Revolutionär, der in Kuba den „neuen Menschen“ formen wollte, mangels Unterstützung der erniedrigten Landbevölkerung scheiterte und im Oktober 1967 von Schergen der bolivianischen Militärdiktatur erschossen wurde, sei ihm ein „brüderliches Vorbild“, erklärte der „Erinnerungsarbeiter“ Dindo.
Da entwirft einer das ziemlich problematische Bild eines „Jesus Christus mit der Knarre“ (wie Biermann mal sang) – und scheitert. Denn Dindo, „einer der letzten Überlebenden von 1968“, erstarrt vor seinem Helden in Ehrfurcht: jedes Wort „des Ché“, wie er ihn ständig unerträglich kumpelhaft nennt, ist ihm heilig. Er muß scheitern, weil er die zeitliche Distanz zum Geschehen nicht reflektiert, und vor allem, weil er keine eigenen Bilder hat.
So beschränkt sich Bruder Dindo auf das Naheliegende. Geht die Wege noch einmal, die die Guerillagruppe ging, spricht mit Zeitzeugen, die man aus besseren Filmen zum Thema (wie „Tanja, la guerillera“) zu kennen meint und die ihre Geschichte schon hundertmal vor der Kamera erzählt haben. Wenn er vom Mord an Ché Guevara spricht, schaut die Videokamera – selbst Super-8 wäre besser gewesen – betreten auf den Boden der berühmten Dorfschule in Higuera. Es knallt ein Schuß. Die bekannten Dokumentarbilder von der Leiche des Helden kommen vorbei. Wir haben gelernt, daß Ché Guevaras Guerilla auf Seiten der Armen und Entrechteten stand und von der bolivianischen Armee und dem CIA verleumdet wurde.
Richard Dindos eitel-konterrevolutionärer Film ist der erste Totalausfall in einem ansonsten ziemlich hochklassigen Forumsprogramm. Die kubanischen Heldenfilme über Ché Guevara sind besser, weil sie sich ihres Pathos nicht schämen. Detlef Kuhlbrodt
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