■ Das Portrait: Páll Óskar Hjálmtýsson
Drag-Queen Foto: W. Müller
Im Alter von sechs Jahren hatte er seine ersten Bühnenauftritte – im Kindertheater und im Kinderchor. Seitdem wirkte das Wunderkind in vielen isländischen Musik- und Theaterproduktionen mit: als Sänger, Tänzer und Entertainer. Auch in der Fernsehwerbung trat der hübsche blonde Junge auf, bis er sich vor wenigen Jahren die Haare und Augenbrauen pechschwarz färbte. Island war schockiert.
Seinen Durchbruch hatte Páll Óskar 1990 als Transvestit Frank.N.Furter in der isländischen Bühnenfassung der „Rocky Horror Picture Show“. „Zum Glück“, sagt er, „hatte ich nie Musikunterricht. Es gibt so viele Menschen, deren natürliches Talent dadurch zerstört wurde.“
Ende 1993 erschien „Stud“, seine erste Solo-CD, die von Einar Örn Benediktsson (Sugarcubes) auf dem Independent Label „Bad Taste“ produziert wurde. Sie hielt sich monatelang auf Platz 1 der isländischen Charts. Für über 5.000 verkaufte Exemplare – das ist überaus viel in Island – erhielt Páll Óskar im Oktober 1994 schließlich die begehrte Goldene Schallplatte. Zur gleichen Zeit erschien sein neuestes Album „Milljón á mann“.
Nebenher betreibt er wie die meisten Isländer Ahnenforschung. Dabei fand er heraus, daß er nach den Kindern seiner Urgroßmutter, den Zwillingen Páll und Óskar benannt wurde, und daß Óskar höchstwahrscheinlich schwul war: „In den alten Zeiten hatten hier nämlich alle Männer eine Frau und mindestens neun Kinder. Aber Óskar nicht. Er war Bäcker und – da bin ich mir sicher – eine genauso ausgeflippte Queen wie ich!“ Als Drag-Queen trat Páll Óskar 1993 in einem Club seiner Lieblingsstadt New York auf, als „The Vicious Lunachick Lavatoria“.
Dennoch lebt er durchaus gern in Reykjavik. Der Nachteil dort sei bloß, daß sich hier leicht das Gefühl einstellen könne, man habe Sex mit einem Familienmitglied.
Die musikalische Zukunft der Vulkaninsel sieht Páll Óskar so: „Was Island braucht, ist Glamour, Glamour, Glamour! Weg mit diesem schrecklichen skandinavischen Europop-Sound!“ Und was fällt ihm zu Berlin ein? „Ich war noch nie in Deutschland und kenne nur den Film ,Die Kinder vom Bahnhof Zoo‘. Da sah Berlin jedenfalls ziemlich traurig, trashig und punkig aus.“
Páll Óskar gibt sein Berlin- Debüt bei der Verleihung des „Gay Teddy“ im Berliner Metropol. (19.2., ab 20 Uhr) Wolfgang Müller
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