piwik no script img

Eine Amerikanerin in Berlin

Foto: Christian Schulz

„Butterfly Kiss“ — der den Zuschauern auch einen Einblick in die Mode der kommenden Saison bot. Die weibliche Hauptrolle Amanda Plummer hatte sich mit einem ausgiebigen Sortiment Ketten behängt — beachten Sie die raffinierte Schlitzung. Das Festival bot den Zuschauern zudem lesbische Trapezkünstlerinnen (in dem kanadischen Film „When Night is Falling“). Im gleichen Film wurden uns lesbische Mythologieprofessorinnen serviert (die allzu lange über Diana grübelten), und schließlich Lesbierinnen als Symbole des Symbolismus (in Alain Robbe- Grillets „Die blaue Villa“).

Dieser letzte Film ist auch mein zweiter Preisträger für Kino als Valium-Ersatz. Erster Sieger im Valium-Kino-Wettbewerb ist Christian Wagners „Transatlantis“, in dem ein deutscher Wissenschaftler um die Welt reist, auf der vergeblichen Suche nach DEn ANtworten. Anderes wird ihm auch nicht zuteil. „Die blaue Villa“ zeigt eine möglicherweise griechische Insel, möglicherweise einen Mord und die Rückkehr eines möglicherweise verlorenen Sohnes. Daß ich ihm nur den zweiten Valium-Preis zusprach, verdankte er einer sehr lauten Mahjong- Partie, deren lautes Steingeklapper mich wach hielt. Ich wußte nicht, daß die Leute in Griechenland Mahjong spielen, und wenn mich diese verwirrende Erfahrung nachts wach halten sollte, werde ich über eine Umverteilung der Preise nachdenken.

Und schließlich, auf der Abreise aus dem Vaterland lesbischer Vielfalt, möchte ich dem Knaben danken, der mir das folgende Gedicht nahebrachte und mir so erklärte, warum es in New York so viele (lesbische und andere) Deutsche gibt:

Gott schütze mich

vor Sturm und Wind

und Deutschen, die

im Ausland sind. Marcia Pally

Aus dem Amerikanischen von Meinhard Büning

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen