piwik no script img

Antifaschismus soll kriminell sein

■ Der Generalstaatsanwalt in Celle klagt 17 Göttinger Autonome wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung an

Hannover (taz) – Göttinger Autonome sollen eine kriminelle Vereinigung gebildet haben – weil sie zahlreiche Demonstrationen gegen den Rechtsextremismus organisiert haben. So sieht es wenigstens die Generalstaatsanwaltschaft Celle, die jetzt 17 Mitgliedern der Mittwochgruppe autonomer Antifaschisten („Antifa M“) wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Verstöße gegen das Versammlungsgesetz und Landfriedensbruch anklagt. Die Staatanwaltschaft wirft den Antifas weiter vor, mit einem Veranstaltungsplakat für die RAF geworben zu haben.

Mit dem Vorwurf der „Mitgliedschaft“ rollt die Generalstaatsanwaltschaft praktisch das gesamte Göttinger Demonstrationsgeschehen der letzten Jahre auf. An den Demonstrationen gegen Rechts, zu denen die Antifa M aufgerufen hatte, hatten sich in Göttingen auch Grüne, Gewerkschafter und einzelne Sozialdemokraten beteiligt. Die Göttinger Autonomen nahmen an diesen Demos in der Regel in relativ geschlossener Formation und mit Skimützen oder Helmen als Kopfbedeckung teil. Darin sieht die Anklage einen „Verstoß gegen das Uniformierungsverbot“ und gleichzeitig „einen bedrohenden Landfriedensbruch“. Schon allein der Auftritt des schwarzen Blocks müsse als Landfriedensbruch gewertet werden, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft.

Als Verstoß gegen das Versammlungsrecht wertet die Staatsanwaltschaft auch die unkonventionelle Art, mit der die Antifa M per Pressemitteilung oder mit einem bei der Stadt eingeworfenen Flugblatt ihre Demos anzumelden pflegte. Die Göttinger Polizei behandelte diese eher informellen Ankündigungen aber regelmäßig wie normale Anmeldungen und bereitete sich entsprechend vor.

Der Staatssekretär im Innenministerium, Claus Henning Schapper, wies gestern darauf hin, daß auch in anderen Bundesländern Demonstrationen schwarz gewandeter Autonomer keineswegs sofort verfolgt würden. Er warnte „vor einem niedersächsischen Sonderrecht“. Der niedersächsische Innenminister Gerhard Glogowski sagte gestern, er sei über die umfangreichen Ermittlungen seines Landeskriminalamtes gegen die Göttinger autonome Szene keineswegs glücklich. Glogowski lobte ausdrücklich die Göttinger Polizei für deren Deeskalationstrategie bei Demostrationen. Die Strategie, gegenüber dem schwarzen Block nicht auf einer Durchsetzung des Vermummungsverbotes zu bestehen, sei im Zweifelsfalle mit seinem Hause in Hannover abgestimmt gewesen. Jürgen Voges

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen