: Bürgerforum für die Bürgerschaft?
■ Gründungsplenum am 1. März soll Wahlteilnahme entscheiden
„Das Bürgerforum gibt es erst ab 1. März“, überraschte Meinhard Motzko die Anwesenden bei der gestrigen Pressekonferenz des Bürgerforum Bremen, das immerhin schon seit einem halben Jahr Stadtgespräch ist. Am 1. März um 20 Uhr nämlich finde im Bürgerzentrum Neue Vahr die erste öffentliche Versammlung statt.
Die 300 erwarteten Gäste sollen dann entscheiden, ob das Bürgerforum zur Bürgerschaftswahl antritt. Obwohl das laut Motzko „nicht die wichtigste Frage darstellt“, hat man aufgrund der drängenden Zeit vorsichtshalber eine Satzung gebastelt. KandidatInnen hingegen habe die Vorbereitungsgruppe, – Meinhard Motzko, wie Holger Kühl Beiratsmitglied in Woltmershausen, und Gesamtschuldirektor Armin Stolle – noch nicht bestimmt: „Aus der Vorbereitungsrunde reißt sich niemand um einen Sitz in der Bürgerschaft.“ Ihnen gehe es nicht um Macht und Namen, sondern um Inhalte.
Im Zentrum der Kritik stehen die politischen Strukturen in Bremen: „Ein aufgeblähter Apparat, zu groß, zu teuer, zu innovationsfeindlich und eher an den eigenen Interessen orientiert, als an der Aufgabenerledigung.“ Folge sei ein „massives Versagen der Politik“, die sich, selbst bei den Grünen, an Personen orientiere, statt an Inhalten. Die Hälfte der Ressorts könnten gestrichen werden, meint Motzko und plädiert für Dezentralisierung in Politik und Verwaltung: „In Bremen ist alles Chefsache, selbst die Richtung einer Einbahnstraße“, zitiert er Hucky Heck, den inzwischen wieder abspenstigen Mitgründer des Bürgerforums.
„Wir wollen eine Politik von unten“, sagt Armin Stolle. Es gebe in Bremen jenseits der Parteien viele kompetente Menschen, deren Wissen und Können vernetzt werden müsse. Daher will das Bürgerforum, unabhängig von einer Kandidatur zur Bürgerschaftswahl, über die gesamte Legislaturperiode Treffen organisieren, bei denen BürgerInnen ihre Ideen und Utopien einbringen sollen. „Eine Art Zukunfstfabrik“, hofft Armin Stolle.
Den Grünen messen die Vorbereiter des Bürgerforums ebensowenig Neuerungskraft zu wie der PDS. „Die Grünen sind ein Wahlverein für Personen, und die PDS ist total hierarchisch durchstrukturiert“, erklärt Motzko. Die Frage, ob es, um eine große Koalition in Bremen zu verhindern, nicht angebracht wäre, rotgrün zu unterstützen, statt denen mit einer Wählergemeinschaft Stimmen abzuziehen, kann Motzko klar beantworten: „Ob grünrote oder schwarzrote Koalition, ist uns doch völlig egal. Selbst eine große Koalition könnte in dieser Stadt nichts mehr kaputtmachen.“ dah
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