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FAP verboten und aufgelöst

■ Bundesverfassungsgericht spricht der rechtsextremen Organisation Parteienstatus ab

Hannover (taz) – Bundesinnenminister Manfred Kanther hat gestern die rechtsextreme Freiheitliche Arbeiterpartei Deutschlands (FAP) verboten und aufgelöst. Am Morgen wurde die Verbotsverfügung des Bundesinnenministers in München dem FAP-Chef Friedhelm Busse zugestellt, kurz darauf durchsuchte die Polizei bundesweit mehr als 40 Wohnungen von FAP-Funktionären. Damit hat erstmals der Bundesinnenminister und nicht das Bundesverfassungsgericht eine politische Organisation verboten und aufgelöst, die sich selbst als Partei verstand und sich gelegentlich auch an Wahlen beteiligte. Doch beim Verbot haben Bundesverfassungsgericht und Bundesregierung gekonnt zusammengespielt.

Den Weg für dieses Verbot der FAP auf Grundlage des Vereinsgesetzes hatte das Bundesverfassungsgericht bereits am 17. November letzten Jahres frei gemacht. Damals hatte der 2. Senat zwei Anträge des Bundesrates und der Bundesregierung, ein Parteienverbot gegen die FAP zu erlassen, als unzulässig zurückgewiesen. Die FAP, so beschlossen die Karlsruher RichterInnen, sei keine Partei, sondern nur eine Vereinigung, für ein Verbot sei deswegen auch nicht das Bundesverfassungsgericht, sondern der Bundesinnenminister zuständig. Der Beschluß vom November wurde dem Bundesinnenminister allerdings offiziell erst vorgestern zugestellt. Damit blieb genug Zeit, um Verbotsverfügung und Durchsuchungsaktion vorzubereiten. In Kanthers Verbotsverfügung wird die FAP als „eine ihrer Zielsetzung nach mit der NSDAP wesensverwandte“ Organisation bezeichnet, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung fortlaufend untergraben und letztendlich beseitigen wolle. Belegt wird diese Beurteilung mit ebenso umfangreichen wie ekelhaften Zitaten führender FAP- Funktionäre, die vom „Arbeitslager“ über „Rassenmischung ist Völkermord“ bis hin zu jener „Übernahme der Macht“ reichen, die die zuletzt höchstens 430 Miglieder zählende Neonazi-Truppe anstrebte. Einleitend hebt die Verbotsverfügung darauf ab, daß die FAP „ein Verein im Sinne des Grundgesetzes“ und „trotz ihrer Bezeichnung nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichtes keine Partei“ ist. Gleichzeitig mit der FAP wurde gestern von Kanther auch die Hamburger Nationale Liste mit der Begründung, diese sei keine Partei, verboten und aufgelöst. Insgesamt wurde damit seit 1989 bereits zehn Neonazi-Organisationen vom Bundesinnenministerium ein Ende bereitet. Bei den gestrigen Durchsuchungen wurde vor allem FAP-Propagandamaterial beschlagnahmt. In Kassel fand die Polizei in einer Wohnung außerdem sechs Karabinergewehre mit Bajonetten.

Ein Verbot der FAP hatte vor allem Niedersachsen bereits 1986 gefordert. Auf Antrag des Landes Niedersachsen beschloß der Bundesrat im Herbst 1992, ein förmliches Verbotsverfahren gegen die Neonazi-Partei beim Bundesverfassungsgericht zu beantragen. Diesem Antrag schloß sich später die Bundesregierung an. Sowohl die FAP als auch die Nationale Liste stehen in der Nachfolge der 1983 verbotenen Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA) des 1991 verstorbenen Neonazis Michael Kühnen. Nach dem Verbot der ANS/NA unterwanderten deren Funktionäre gezielt die 1979 gegründete FAP und bauten sie zu einer der stärksten Neonazi-Organisationen der Bundesrepublik aus. 1989 gründeten Kühnen-Anhänger die Nationale Liste in Hamburg als eigene Vereinigung. Jürgen Voges Seiten 2 und 11

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