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Zucker für die Rechte

Der US-Kongreß will die Kuba-Blockade verschärfen / Eine Gesetzesinitiative von Jesse Helms  ■ Von Bert Hoffmann

Die Stunde der Hardliner schlägt nun auch in der Außenpolitik der USA. Ihr Ziel: Kuba. Mit Jesse Helms hat die alte „neue Rechte“ seit den letzten Kongreßwahlen einen ihrer bewährtesten Männer an der Spitze. Von seinem einflußreichen Posten als Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses des Senats aus erklärte Helms, die einzige Frage sei, „wie Castro Kuba verläßt: ob in der Vertikalen oder in der Horizontalen“.

Nachhelfen soll jetzt eine neue Gesetzesinitiative, die das seit mehr als drei Jahrzehnten bestehende US-Embargo gegen Kuba noch weiter verschärft. Nicht mehr nur US-Firmen soll der Handel mit Kuba verboten sein. In Zukunft soll Washington auch gegen ausländische Firmen oder Drittstaaten, die mit Kuba Wirtschaftsbeziehungen unterhalten, mit Sanktionen und Strafmaßnahmen zu Felde ziehen. Und diese sogenannte Helms Bill hat beste Aussichten, im Kongreß Mehrheiten zu finden und damit bindend für die US-Politik zu werden.

Die neue Gesetzesinitiative zielt insbesondere auf alle Versuche Havannas, sich zu kapitalistischen Bedingungen in die Weltwirtschaft zu integrieren. So soll in den USA künftig der Import von Zucker aus allen Ländern verboten sein, die selbst Abnehmer der kubanischen Zuckerausfuhr sind. GUS-Staaten, die mit Kuba Handel treiben, soll die Finanzhilfe aus den USA gestrichen werden. Und auch Rußland soll die Sanktionen Washingtons zu spüren bekommen, wenn es weiterhin die militärischen Abhöranlagen im kubanischen Lourdes nutzt – was, so heißt es aus Moskau, unverzichtbar für die Überwachung der Rüstungskontrollverträge ist. Nichts allerdings ist aufschlußreicher als jener Passus in Helms' Gesetzesvorhaben, der die internationale Finanzsituation betrifft. Nicht die Unterwerfung Kubas unter das Diktat von IWF und Weltbank wird gefordert, sondern das Gegenteil: Die US- Regierung soll per Gesetz verpflichtet werden, einen Beitritt Kubas zu verhindern. Und wenn Weltbank oder IWF Kuba Finanzhilfen gewähren, sollen sie dafür von Washington bestraft werden: Die gleiche Summe, die Havanna erhält, sollen die USA von ihren Beiträgen zu der entsprechenden Institution zurückhalten, verlangt die Helms Bill.

Ein weiterer Block von Maßnahmen nutzt die Frage des enteigneten Besitzes, um Druck gegen potentielle Handelspartner Kubas auszuüben: Allen Personen oder Organisationen, die Nutzen aus konfisziertem Besitz von US-Bürgern ziehen (etwa durch Joint-venture-Firmen, Pachtverträge oder Kauf), droht das Gesetzesprojekt Sanktionen an – bis hin zur Verweigerung von Einreise-Visa in die USA für einfache Aktionäre einer betroffenen Firma.

Die Formel vom „konfiszierten Besitz von US-Bürgern“ hat es in sich: Die meisten jener reichen Kubaner, die in der Folge der Revolution nach Florida ins Exil gingen, haben längst die US-amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen; je nach Auslegung könnte damit auch ihr früheres Eigentum für tabu erklärt werden, praktisch also fast die gesamte Staatswirtschaft der Insel.

Die Gesetzesinitiative trägt den schönen Namen „Gesetz der Solidarität mit Freiheit und Demokratie in Kuba“, und sie soll, so Jesse Helms, „das Ende einer brutalen Diktatur garantieren und aus Kuba ein freies und wohlhabendes Land machen“. Die „Freiheit in Kuba“ soll durch die massive Ausstrahlung des Anti-Castro-Fernsehens „TV Marti“ gefördert werden. Darüber hinaus soll der US- Präsident einen Unterstützungsplan für eine Übergangsregierung in Kuba erarbeiten. Aber auch hier stellt Helms' Vorstoß sofort wieder das Dogma über alles: Weder Fidel noch Raul Castro, auch dies soll per Gesetz festgeschrieben werden, dürfen Mitglieder einer Übergangsregierung sein, wenn diese Beziehungen zu den USA unterhalten will.

Dabei schien der Regierung Fidel Castro bislang die Politik wirtschaftlicher Öffnung für Auslandskapital der entscheidende Hebel zu sein, der über kurz oder lang auch die US-amerikanischen Wirtschaftsinteressen auf eine Aussöhnung mit Kuba drängen lassen würde. In teilweise surreal anmutenden Wendungen beteten die sozialistischen Regenten in Havanna den US-Firmen immer wieder vor, daß sie wegen des Washingtoner Embargos lukrative Geschäfte verpassen würden. Daraus wird nun wohl nichts werden – und das nicht nur wegen des Einflusses der Exilkubaner, die sich um ihre Besitzansprüche sorgen.

Je mehr die USA nach dem Ende des Kalten Krieges ihren relativen Machtverlust in der Welt vorgeführt bekommen, desto stärker drängt die Rechte auf Revanche gegen die Revolution vor der Haustür: Als historisches Symbol ist „Kuba“ groß genug, um die imperiale Seele für erlittene Schmach zu entschädigen; und als wirkliches Land ist Kuba schwach genug, daß die USA die wirtschaftliche Erpressung durchhalten können.

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