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Nato soll Kroatiens Grenzen schützen

■ Kroatien fordert Nato-Truppen zur Friedenssicherung nach dem UNO-Abzug im Frühjahr

Zagreb (taz) – Die Möglichkeit eines Bundeswehreinsatzes in Kroatien rückt näher. Die kroatische Regierung hat die Nato jetzt offiziell gebeten, nach Beginn des UN-Abzugs aus den serbisch besetzten Gebieten Kroatiens Ende März Soldaten an den Grenzen Kroatiens zu Serbien und Bosnien zu stationieren. Das soll Kämpfe mit Serbien verhindern. In die von der UNO geräumten Gebiete möchte die Regierung Kroatiens unbewaffnete Nato-Beobachter schicken. Sie hofft, noch im Laufe dieser Woche in Verhandlungen mit den USA und anderen Nato-Staaten darüber eine Einigung zu erzielen. In Nato-Verbänden können auch deutsche Soldaten mitwirken.

Der Abzug der 16.000 Unprofor-Soldaten in Kroatien soll nach dem kroatischen Vorschlag bis zum 30. Juni erfolgen. „Trotz massiven internationalen Drucks wird Kroatien die Entscheidung, einer Verlängerung des Unprofor-Mandats über den 31. März hinaus nicht zuzustimmen, unter keinen Umständen revidieren“, betonte ein kroatischer Regierungsvertreter. Die Nato-Einheiten sollen in der Endphase des UNO-Abzugs stationiert werden – für sechs Monate oder auch länger. Auf diese Weise lasse sich, so die Regierung in Zagreb, ein neuer Krieg zwischen Serbien und Kroatien nach dem UNO-Abzug verhindern.

Mit einer Stationierung von Nato-Soldaten an der Grenze zu Bosnien – insbesondere westlich von Bihać – könne zudem grenzüberschreitende Unterstüzung der kroatischen Serben für die bosnischen Serben unterbunden werden. Auch die UNO-Operation in Bosnien könne nach Einschätzung Kroatiens unter diesen Umständen uneingeschränkt fortgesetzt werden. Kroatien will die weitere Existenz des Unprofor-Hauptquartiers in Zagreb garantieren sowie aller Einrichtungen auf kroatischem Territorium, die zur Aufrechterhaltung der Bosnien-Operation erforderlich sind. Die Nato-Beobachter in den serbisch besetzten Gebieten Kroatiens hätten die Aufgabe, den Waffenstillstand sowie die Umsetzung der jüngsten Wirtschaftsvereinbarung zwischen der kroatischen Regierung und den Serben zu überwachen.

Noch ziert sich die Nato. Nach Informationen der taz hat sich ihr Generalsekretär Willy Claes in einem Schreiben an UNO- Generalsekretär Butros Ghali skeptisch zu einem Einsatz von Nato-Truppen geäußert, der über die bereits zugesagten Maßnahmen zur Sicherung eines UNO-Abzugs hinausginge. Wenn überhaupt, so Claes, komme ein Nato-Einsatz über die UNO-Abzugsphase hinaus nur auf Basis eines Auftrags durch den UNO-Sicherheitsrat in Frage. Dies könnte allerdings an Rußland scheitern.

Zu politischen Gesprächen reist heute eine Delegation der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen in die Hauptstädte Kroatiens und Bosniens, Zagreb und Sarajevo. Die Delegation, der die für Außen- und Sicherheitspolitik zuständigen Abgeordneten Angelika Beer, Helmut Lippelt, Gerd Poppe und Marie-Luise Beck-Oberdorf angehören, ist die erste überhaupt aus den Reihen des Bonner Parlaments seit Beginn der Kriege in Ex- Jugoslawien im Sommer 1991. Andreas Zumach

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