: Wo PDS draufsteht, da ist auch PDS drin
■ In Bremen will die PDS endlich den Sprung über fünf Prozent schaffen
Berlin (taz) – Bremen, das ist für den PDS-Parteivize Wolfgang Gehrcke „keine schlechte Gemengelage“. Die Hansestadt ist überschaubar, und die sozialen Brennpunkte heißen Arbeitslosigkeit, Mieten oder marode Werftenindustrie. Eine Universität ist auch vorhanden, nicht zuletzt deshalb gibt es auch so etwas wie ein traditionell linkes Milieu. Das Bremer Wahlrecht hält darüber hinaus eine Besonderheit parat: Das Wahlgebiet ist zweigeteilt. Wer im Mai bei den Landtagswahlen in die Bürgerschaft der Hansestadt einziehen will, der muß zwar die Fünfprozenthürde schaffen – er darf sich aber aussuchen, ob in Bremerhaven oder in Bremen-Stadt. Landesweit erzielte die PDS bei den letzten Bundestagswahlen 2,7 Prozent, in Bremen-Stadt waren es zwei Zehntel Prozentpunkte mehr. Es war eines der besten PDS-Ergebnisse im Westen.
Die Parteistrategen räumen der Bremer Landtagswahl höchste Priorität ein. Alle sollen mobilisiert werden, denn dem möglichen Einzug in die Bürgerschaft wird ein hoher symbolischer Wert zugeschrieben. Es wäre ein Zeichen dafür, daß sich die PDS langsam auch im Westen zu etablieren beginnt. Und daß sie dies machen muß, ist der Parteispitze schon lange klar. Die nächste Bundestagswahl, da sind sich die PDS-Parteistrategen weitgehend einig, liegt zwar noch in weiter Ferne, sie wird sich für die PDS aber im Westen entscheiden. 0,7 Prozentpunkte wie beim letzten Wahlgang – selbst ohne Stimmenverluste im Osten wäre das zu wenig, um in vier Jahren wieder in den Bundestag einzuziehen. Dann bliebe wiederum nur eine Zitterpartie, denn Gysis bunte Truppe müßte erneut mindestens drei Direktmandate erzielen.
Nirgends im Westen sind die Voraussetzungen günstiger, um die Fünfprozenthürde zu meistern, meint Wolfgang Gehrcke. Als stellvertretender Parteichef ist Gehrcke für den Aufbau der PDS im Westen zuständig. Es geht ihm „um einen Erfolg“, und er ist sich sicher, daß die PDS das schaffen kann. Als moderne sozialistische Partei will die PDS antreten, und selbstredend will sie im Falle des Einzuges ins Parlament ein rot- grünes Regierungsprojekt tolerieren. Offen für alles, was links ist, will sie sein. Die PDS wird deshalb, wie zuletzt bei der Bonner Wahl, mit einer offenen Liste antreten.
„Wo PDS draufsteht, da ist auch PDS drin“, soll die Bremer Botschaft heißen. Und entsprechend sollen auch die thematischen Schwerpunkte des PDS- Wahlkampfes ausfallen: Arbeitslosigkeit, Jugendpolitik und Frauenfragen. Lokale Kompetenz soll der Landesverband mit seinen 50 bis 60 Mitgliedern vermitteln, das Image der PDS als Bundespartei unterstreichen, die Herkunft aus dem Osten zwar nicht verleugnen, aber auch nicht in den Vordergrund stellen.
Verfehlt die PDS den Einzug in die Bürgerschaft knapp, dann fehlen die PDS-Stimmen möglicherweise einer rot-grünen Mehrheit. Ein Worst-case-Szenario für die PDS. Der selbstgestellte Anspruch, konservative Mehrheiten überall, wo möglich, zu durchbrechen oder zu verhindern, wäre ins Gegenteil verkehrt – und die Aussage „Jede Stimme für die PDS hilft der CDU“ bittere Realität. Dennoch sieht die Parteispitze keine Alternative zum Versuch, in Bremen die Fünfprozenthürde zu überwinden. Schließlich muß man ja irgendwo anfangen. Wolfgang Gast
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