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■ Press-SchlagRezession, Baby!

„Die Stadt“, sagt Rudi Thiel, und man hört, daß er es nicht zum ersten Mal sagt, „ist ein großer, anonymer Koloß.“ Die Stadt ist Berlin, die Klage nicht neu. Redet man von populärer Kultur, zu der bekanntlich auch der Sport gehört, dann ist es die Masse, die zur Nichtnutzung auch etwaiger Klasse führt. Leichtathletik-Impresario Thiels heute abend stattfindendes Springermeeting ist eine Veranstaltung, bei der Branchengrößen wie die Olympiasieger Sergej Bubka und Javier Sotomayor ihre Fertigkeiten vorstellen. Intim, von bestreitbarem sportlichem Wert, doch mit veritablem Erlebnischarakter. Das Problem: Im vorigen Jahr interessierte das gerade 600 Menschen so sehr, daß sie dafür Eintritt zahlen mochten.

Zum Vergleich: Der Etat beträgt, gezwungenermaßen heuer um 50.000 gekürzt, 260.000 Mark. Woher nehmen? Der Veranstalter Thiel ist der Meinung, daß großer Sport imagebildend sei, doch die Stadt hat nach einer kurzen spendablen Phase der Olympia-Euphorie wenig zu bieten und hält sich mittlerweile bis auf kleinere Fehlbedarfsfinanzierungen (vulgo: Ausfallbürgschaften) zurück. Im französischen Lievin hat man neulich mit fünffachem Etat einen Christie-Sprintweltrekord realisiert. Da, sagt Thiel, sähen ehrgeiziger Magistrat und regionale Wirtschaft den Sport als fabulösen Imageträger. Hier bekunden die durchaus ambivalent rezipierten städtischen Werber „Touristik GmbH“ und „Berlin Partner“ „Interesse“ (Thiel), nicht mehr. Bleiben die Sponsoren. Doch die sind auch nicht glücklich, weil sich der DLV seit Januar nicht mehr öffentlich-rechtlich, sondern an das Deutsche Sportfernsehen (DSF) verkauft hat. Die Meetings qua Verbandssatzung gleich mit. Nun will das DSF zwar satte drei Stunden auf Sendung gehen, doch, sagen die Sponsoren und winken ab, wer guckt hin? In Berlin eh keiner, wo das DSF aus dem Kabel geklagt wurde. Was der regionalen Wirtschaft etwaige Spendierhosen schließt.

Weil nun das DSF auch am Samstagabend etwas zum Übertragen braucht, hat man das Sindelfinger Meeting um einen Tag vorverlegt. Zwanzig Stunden, sagt aber Heike Henkel, sind zu kurz, um vom Berliner Schwingboden auf Beton umzustellen. Womit die Branchenerste nun dort, die just eingebürgerte Herausforderin Alina Astafei hier springt, beide womöglich hoch, doch ohne jene Wettbewerbsspannung, von der die Sportart abseits von Rekorden lebt. Immerhin hat der Teilzeit-Berliner Sergej Bubka guten Willen gezeigt, finanzielle Abstriche gemacht und wird also stabhochspringen. Doch der ist auch ein Freund von Thiel. Freunde braucht man mittlerweile in der rezessionsgeplagten Branche.

„Der Rudi Thiel“, so pflegt man in Berlin zu sagen, „macht das schon.“ Die Frage wird sein: Wie lange noch? Und warum eigentlich? Peter Unfried

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