: Verflixtes siebtes Jahr
■ Eine neue Studie über die Frauen im Immer-noch-Männerberuf Journalismus
Natürlich ist er immer noch männlich, der „typische Journalist“. Auf sieben Männer kommen in Presse und Funk gerade drei Frauen. 37 Jahre ist er alt, der Durchschnittstyp, arbeitet seit zehn Jahren in der Medienbranche und kassiert für seinen Job netto 3.900 Mark.
Frauen hatten es im Journalismus noch nie besonders leicht. Daß sich daran nur sehr zögerlich etwas ändert, hat jetzt ein Gutachten über die „Geschlechterverhältnisse bei den Medien in Deutschland“ festgestellt. Die Studie, geschrieben im Auftrag der IG Medien, erhob 1994 die Daten von rund 1.500 JournalistInnen, und befragte sie zu ihrem Werdegang, ihren Tätigkeitsprofilen sowie zur Arbeitszufriedenheit. Daß dabei kaum Unerwartetes zutage gefördert wurde, ist das eigentlich interessante Ergebnis.
Wie in fast allen anderen typischen Männer-Branchen arbeiten sich Frauen auch im Journalismus nur langsam in höhere Positionen vor – wenn sie überhaupt einen so langen Atem haben. Denn wenn auch mittlerweile genauso viele Volontäre wie Volontärinnen ausgebildet werden, bei den festangestellten Redakteuren sieht das Verhältnis schon wieder so aus wie – siehe oben – im Journalismus insgesamt: sieben von zehn sind Männer. Und die Führungspositionen von Ressortleitung und Chefredaktion sind dann gar nur noch zu einem Fünftel von Frauen besetzt.
Die Schere auf der Karriereleiter tut sich zwischen dem fünften und siebten Berufsjahr auf: „In diesem Zeitraum“, so die Gutachter, „sind die AufsteigerInnen vorwiegend männlichen Geschlechts, während Frauen in ihrer beruflichen Entwicklung mehrheitlich stagnieren.“ In dieser Zeit, so um die dreißig, müssen sich die Frauen zumeist zwischen Kind und Computer entscheiden. Denn wollen sie in ihrem zeit- und streßintensiven Beruf erfolgreich sein, bleibt das Privatleben auf der Strecke.
49,8 Prozent der Journalisten sind verheiratet, aber nur 37,1 Prozent aller Journalistinnen. Zu zwei oder mehr Kindern brachten es nur 19 Prozent der befragten Frauen – aber immerhin 28,2 Prozent ihrer männlichen Kollegen. Ganz offenbar steht hier immer noch hinter so manchem erfolgreichen Mann eine treusorgende Ehefrau.
Wer also als Frau das verflixte siebte Jahr in diesem Beruf überstanden und nicht den Redaktionscomputer schon an den Nagel gehängt hat, sucht sich gern eine etwas ruhigere Nische. In der Ressortverteilung sind die Geschlechterverhältnisse so klar abzulesen, wie sonst nirgendwo in der ganzen Studie: Während Frauen überwiegend sog. ,weiche‘ Fachressorts wie „Unterhaltung“, „Ratgeber“, „Soziales/Familie“ und „Feuilleton“ betreuen, sind die ,harten‘ Themen wie „Politik“, „Wirtschaft“ oder Chef-vom-Dienst-Positionen fest in männlicher Hand. Praktisch uneinnehmbar scheint das Ressort „Sport“ mit einem Männeranteil von 92 Prozent.
Natürlich verdienen die Frauen aufgrund ihrer niederen Stellungen auch deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen. Aber sogar wenn alle Leitungspostionen unberücksichtigt bleiben, so das Ergebnis der Marburger Studie, beträgt die „Netto-Diskriminierung“ von Frauen rund 500 Mark. Wie tröstlich, daß trotzdem 42 Prozent aller befragten Frauen „voll zufrieden“ mit ihrer Entlohnung sind. Mutter braucht eben kein Fleisch. Klaudia Brunst
„Frauen im Journalismus. Gutachten über die Geschlechterverhältnisse bei den Medien in Deutschland“. Zu beziehen über: IG Medien, Fachgruppe Journalismus. Postfach 10 24 51, 70020 Stuttgart
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