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„Handel gefällt mir, da ist Leben drin“

Claudia Brunner, Devisenhändlerin bei der Commerzbank in Frankfurt, über Erfahrungen und Handlungsspielräume von Frauen in der von Männern dominierten Welt der großen Geschäfte / Mit ihr sprach  ■ Annette Jensen

taz: Wie viele Frauen sind in Frankfurt als Devisen- oder Aktienhändlerinnen zugelassen?

Brunner: Das weiß ich nicht genau. Ich denke, daß 90 Prozent der Leute im Handel Männer sind.

Handeln Frauen und Männer unterschiedlich?

Nicht unbedingt, das Geschäft ist das gleiche. Mir wurde mal gesagt, man stelle nicht so gerne studierte Leute ein – das Ganze müsse aus dem Bauch kommen.

Es wird immer behauptet, das Handeln aus dem Bauch heraus sei uns Frauen näher. Demnach müßten Sie viele Kolleginnen haben.

Es ist ein sehr, sehr hartes Geschäft. Der Ton, der hier manchmal angeschlagen wird, ist sehr rüde. Ich hab schon von einigen Frauen gehört, die weinend aus dem Handel rausgerannt sind.

Haben Frauen gleiche Chancen, im Handel tätig zu werden?

Nein. Ich denke, Frauen werden zwar eingestellt, aber man traut ihnen nicht ganz soviel zu.

Und wie haben Sie es geschafft?

Mit ein wenig Glück. Als ich mit meiner Bankausbildung fertig war, wurden im Devisenhandel gerade Trainees im Geld- und Devisenbereich gesucht.

Frauen sagen häufig, ich hab Glück gehabt. Männer verweisen auf ihr Können ...

Dennoch. Ich hab kein glänzendes Abitur und keine glänzende Berufsausbildung gemacht. Mir hat der Kredit- und Filialbereich auch nicht soviel Spaß gemacht. Die Atmosphäre im Handel aber gefällt mir, da ist Leben drin. Wenn ich eine Meinung zu einer Währung habe – sagen wir, ich kaufe zehn Millionen Dollar, weil ich davon ausgehe, der Dollar steigt in den nächsten paar Minuten oder Sekunden, vielleicht auch mal Tagen –, dann warte ich so lange, bis der Kurs gestiegen ist. Wenn er fällt, dann sollte ich mir schon vorher überlegt haben, ab welchem Punkt ich so viel Minus gemacht habe, daß ich die Position wieder zumache. Das ist wie ein Spiel.

Handeln Sie auch mit Derivaten, jenen Termingeschäften, die jetzt ins Gerede gekommen sind?

Nein, ich bin im Tagesgeschäft. Ich warte täglich ab, was auf mich zukommt. Es ist ein schnelles Geschäft, man muß laufend über die neuesten Meldungen informiert sein. Derivate sind meist auf längere Zeiträume angelegt.

Können Sie sich vorstellen, daß man einer Frau so freie Hand geben würde, wie die gerade pleite gegangene Barings Bank ihrem Händler Leeson gewährt hat?

Ich glaube nicht, daß man dem Herrn Leeson so freie Hand eingeräumt hat. Aber gewisse freie Hand braucht man im Handel. Normalerweise hat man seine Limits, die sind aber sehr oft mündlich festgelegt. Wenn die nicht eingehalten werden, dann kann man fristlos entlassen werden. Aber man ist schnell über den eingeräumten Limits hinaus. Wenn man dieses Wochenende nimmt: Der Dollar war am Freitag bei 1,44 bis 1,45 Mark, am Montag bei 1,39 Mark. Wenn man eine Plusposition im Dollar hatte, dann hatte man ruck, zuck ein großes Los.

Was raten Sie einer taz-Redakteurin mit geringem Einkommen?

Die Finger davon zu lassen. Die ganzen Prognosen, die auch die berühmten Volkswirte der Banken im letzten Jahr abgegeben haben, waren größtenteils falsch. Sie hatten einen festeren Dollarkurs für 1994 prognostiziert, aber das genaue Gegenteil ist eingetreten.

Sie handeln mit Devisen. Findet das auch an der Börse statt?

Nein. Devisenhandel findet zwischen Banken, nicht an der Börse statt. Es gibt nur ein amtliches Fixing zu bestimmten Uhrzeiten. Als Interbankenhändlerin frage ich andere Banken nach Preisen. Auch mache ich ihnen Angebote für die entsprechenden Währungen. Die Kurse wechseln ständig, und die Großkunden machen ihre Geschäfte über die Banken, wann immer es ihnen günstig erscheint.

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