■ Das Portrait: Anton Schlecker
Daß er beinhart verhandeln kann, so wie man es von einem Schwaben erwartet, hat Anton Schlecker spätestens am Vorabend des 24. Dezember 1987 bewiesen. Drei Männer hatten die beiden Schlecker-Sprößlinge entführt und 18 Millionen Mark Lösegeld gefordert. Eine lange Nacht über saß er mit den Kidnappern zusammen, und am Ende der nächtlichen Verhandlungsrunde gaben sich diese mit 9,6 Millionen Mark zufrieden. Schleckers Kinder kamen frei, erst dann wurde die Polizei informiert.
Anton Schlecker, Drogerie-Zar aus dem schwäbischen Städtchen Ehingen bei Ulm, macht sich rar. Den Fünfzigjährigen, der im Schnitt pro Lebensjahr hundert Filialen eröffnet hat, bekommt auch in seiner Heimatstadt kaum jemand zu Gesicht. Von seltenen Jubiläen abgesehen. Hans-Dietrich Genscher, zur Jubelfeier der Schlecker-Firmenzeitung Chris-Revue im März 93 per Hubschrauber eingeflogen, ist da Ausnahme.
Noch boomt Schlecker, und die derzeit fünftausend deutschen Geschäfte sollen auch noch lange nicht Endstation sein. Achttausend Filialen sind erklärtes Unternehmensziel. Die 5,9 Milliarden Mark Jahresumsatz sind Anton Schlecker nicht genug. Der Metzgerssohn ist allerdings seit geraumer Zeit stark verunsichert. Erste Anzeichen eines Umsatzrückgangs will der Herr der Drogerien zwar nicht bestätigen. Verunsicherter Chef einer Drogerien-KetteFoto: dpa
Sie sind aber unübersehbar. Längst unterlaufen Konkurrenten die Schlecker-Slogans „preisberühmt“ und „Wir wollen der billigste Anbieter sein“. Um 9 bis 35 Prozent, hat vor kurzem das Manager- Magazin herausgefunden, sind 1.500 untersuchte Artikel bei Schlecker teurer als beim billigsten Mitanbieter. Und so ist es kein Wunder, daß orakelt wird, was wohl mit dem Herrn Schlecker und seinen Billigläden in der Provinz passiert, wenn die Lieferanten das großzügige Zahlungsziel von 120 Tagen etwas verkürzen sollten.
Vermutlich vor diesem Hintergrund hat er seinen Anwalt jetzt doch eine spektakuläre Vereinbarung mit der Gewerkschaft HBV unterzeichnen lassen. Entgegen allen bisherigen Beteuerungen wird es bei Schlecker künftig Betriebsräte geben. Ein Schritt, der dem Selfmademan und seiner Gattin Christa nicht leicht gefallen sein dürfte. Unabhängig davon werden Anton Schlecker und seine Christa nach wie vor allwöchentlich auf Filialen-Besuchs-Tour gehen und sich höchstselbst ein Bild vom ordnungsgemäßen Zustand des Imperiums machen. Klaus Wittmann
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen