: Fromme Versprechen der Industrie
■ Die Bundesregierung verzichtet auf Klimapolitik, weil die Unternehmen jetzt eigene Maßnahmen versprechen
Bonn (taz) – Im Kanzleramt präsentierte sich Olaf Henkel als Umweltfreund: „Im Vorfeld der Konferenz in Berlin ist uns allen klargeworden, daß die größten Industrienationen den Klimaschutz auf die leichte Schulter nehmen“, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Der von ihm bevorzugte Königsweg, der angeblich sowohl Klima wie Wirtschaft zugute kommt, macht einen weiten Bogen um die Politik: Die freiwillige Selbstverpflichtung der deutschen Wirtschaft zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes pries Henkel gestern als weltweit einzigartig, wichtig und vorbildlich.
Bis zum Jahr 2005 will die deutsche Wirtschaft demnach ihren Kohlendioxid-Ausstoß „um bis zu 20 Prozent“ verringern. Basis der Berechnung ist freilich nicht das Jahr 1994, sondern das Boom-Jahr 1987. Die Dreckschleudern der ehemaligen DDR-Wirtschaft sind einbezogen, und das gestern ausgesprochene Sparversprechen ist durch Stillegung maroder Betriebe in den vergangenen Jahren mithin teilweise schon heute erfüllt.
Mit der Bundesregierung wurde die laufende Überprüfung der Sparvorgaben („Monitoring“) vereinbart, wie Umweltministerin Angela Merkel (CDU) erklärte. Von den Ergebnissen dieses „Monitorings“, so die Ministerin, hänge es ab, ob die Bundesregierung ordnungspolitische Schritte zum Klimaschutz wie die Wärmenutzungsverordnung weiter zurückstellen werde.
Unterschrieben haben bisher 17 Verbände, weitere sollen folgen. Gestern unter anderem dabei: der BDI und die Verbände der chemischen Industrie sowie der Elektrizitätswerke. Mit die Autoindustrie führt die Bundesregierung eigene Gespräche. Der Sparbeitrag soll je nach Branche unterschiedlich groß ausfallen, wie Henkel ankündigte. Die versprochenen 20 Prozent machen einen Mittelwert aus.
Mit einem weiteren wichtigen Vorschlag zum Klimaschutz wird sich BDI-Chef Henkel bei Umweltfreunden weniger beliebt machen. Auf die Kernenergie, so machte der Umweltschützer gestern noch einmal klar, werde die deutsche Industrie nicht verzichten – sie könne einen „hervorragenden Beitrag zum Klimaschutz“ leisten. Hans Monath
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