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Zwangsurlaub für Monika Griefahn

■ Niedersächsische Umweltministerin von Ministerpräsident Gerhard Schröder beurlaubt

Hannover (taz/rtr) – Bei den niedersächsischen Landtagswahlen war sie 1990 der Wahlkampfschlager Numero eins von Gerhard Schröder (SPD). Gestern beurlaubte der niedersächsische Ministerpräsident seine Umweltministerin Monika Griefahn vorläufig. Die Beurlaubung, so Schröder, solle so lange gelten, bis geprüft worden sei, ob Griefahn versucht habe, ihrem Mann Michael Braungart Vorteile zu verschaffen. Falls sich erweisen sollte, daß die ehemalige Greenpeace-Aktivistin ihren Mann im Zusammenhang mit der Weltausstellung Expo 2000 begünstigt habe, gebe es für sie keine Möglichkeit zur Rückkehr. Griefahn sei mit dieser Regelung einverstanden, betonte Schröder. Mit der Prüfung der Vorwürfe sei der frühere Verfassungsrichter Helmut Simon beauftragt worden. Bis zur endgültigen Klärung wird Griefahn von Justizministerin Heidi Alm-Merk vertreten.

Monika Griefahn bestritt unterdessen erneut, daß sie ihren Mann begünstigt habe. In einem Radiointerview räumte sie jedoch auch ein, sie habe vielleicht einen politischen Fehler begangen.

Die niedersächsische CDU kritisierte Schröders Vorgehen scharf. „Es ist ein in der deutschen Parlamentsgeschichte einmaliger Vorgang, einen Parteifreund mit der Untersuchung zu beauftragen“, sagte CDU-Generalsekretär Hartwig Fischer. Wenn bei der nächsten Landtagssitzung ein Antrag auf Entlassung Griefahns abgelehnt werde, will die Union einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuß einrichten.

CDU-Fraktionschef Christian Wulff warf dem Ministerpräsidenten vor, er spiele auf Zeit, um seinen „verfassungswidrigen“ Haushaltsentwurf mit 81 Stimmen „und damit auch mit der Stimme von Frau Griefahn über die Runden zu retten“. Der CDU-Politiker spielte damit auf die Mehrheit von nur einer Stimme an, über die die SPD im Landtag verfügt. Wulff kritisierte, mit seinem Vorgehen in Sachen Griefahn erweise sich Schröder als erpreßbar und handlungsunfähig. Aus rein taktischen Erwägungen füge Schröder dem Land und auch der Expo schweren und nachhaltigen Schaden zu. Die Fraktionschefin der Grünen, Andrea Hoops, sprach von einem Rücktritt auf Raten. Schröder sei ein „Winkeladvokat“.

Griefahn (40) war seit Anfang der Woche unter Beschuß geraten, weil sie sich im Aufsichtsrat der Expo-Gesellschaft für ein inhaltliches Konzept ihres Ehemannes Michael Braungart (36) und dessen Hamburger EPEA-Institut zur Weltausstellung im Jahr 2000 in Hannover eingesetzt hatte. Außerdem soll ihr Ressort die Clearingstelle der Landesregierung, die das gemeinsame Vorgehen des Kabinetts in Sachen Expo abstimmen soll, nicht darüber informiert haben. Wegen der Vorwürfe hatte die Umweltministerin schon vor einigen Tagen den Aufsichtsrat der Expo-Gesellschaft verlassen und war dort von Ministerpräsident Gerhard Schröder ersetzt worden.

Der ehemalige Präsident des Evangelischen Kirchentages und langjährige Bundesverfassungsrichter Helmut Simon war häufiger als Gutachter tätig. Er gilt als versierter Fachmann zum Radikalenerlaß, zur Nachrüstungsdiskussion und bei sozialethischen Problemen.

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