: Kohlestreit gefährdet Energiekonsens
■ Im Streit um die Kohlesubventionierung gibt es zwischen CDU/CSU und FDP keine Annäherung / SPD-Präsidium droht mit einem Scheitern der am Donnerstag beginnenden Energiekonsens-Gespräche
Düsseldorf/Bonn (AFP) – Die SPD hat ihre Forderung bekräftigt, daß die Bundesregierung bis zu dem Energiekonsensgespräch am kommenden Donnerstag einen Vorschlag zur künftigen Finanzierung der deutschen Steinkohle vorlegt. „Sonst wird dieses Gespräch von extremer Kürze sein“, sagte Scharping gestern nach einer Sitzung des SPD-Präsidiums in Berlin. Die Sozialdemokraten erwarteten von der Bundesregierung einen klaren und verläßlichen Finanzplan für das Artikelgesetz über die Steinkohle bis zum Jahr 2000. Sonst fehle den Gesprächen über einen Energiekonsens jede Grundlage.
Die 1993 gescheiterten Energiekonsensgespräche zwischen Bundesregierung und Opposition sollen am Donnerstag wieder aufgenommen werden, doch noch herrscht in der Bonner Koalition Uneinigkeit darüber, in welcher Form der vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärte Kohlepfennig ersetzt werden soll. Der FDP-Vorsitzende Klaus Kinkel bekräftigte gestern die ablehnende Haltung seiner Partei gegen „eine neue, wie auch immer geartete Steuer“. Für ihn kämen nur Einsparungen im Bundeshaushalt in Frage, nicht aber „die Einführung neuer Belastungen“. Die gleiche Position hatte zuvor bereits Kinkels Parteifreund Otto Graf Lambsdorff eingenommen und damit eine geharnischte Kritik des Bundesfinanzministers provoziert. Theo Waigel (CSU) verwahrte sich gegen den Ratschlag des FDP-Politikers, den Bundeshaushalt noch einmal linear um ein Prozent zu kürzen. „Die Ratschläge der FDP, ich solle linear kürzen, helfen mir überhaupt nichts. Ich habe solche Ratgeber als Klugscheißer bezeichnet. Und der Graf Lambsdorff ist dann eben ein adeliger Klugscheißer.“
Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Michael Glos, meinte, es sei noch genug Zeit für eine Regelung zum Ersatz des Kohlepfennigs. „Ich könnte mir vorstellen, wenn wir etwas mit Steuern machen, dann auslaufend.“ Die Koalitionsvereinbarung sehe vor, daß die Steuerlast insgesamt nicht steigen dürfe. Dies wäre nach seiner Ansicht bei einem Ausgleich für den Kohlepfennig, der über den Strompreis aufgebracht wird, nicht der Fall.
Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) „weiß nur eins: daß wir die Kumpel nicht im Stich lassen dürfen, daß wir ihnen Zusagen gemacht haben“. Mit seiner Stimme werde das Artikelgesetz nicht geändert, das den Bergleuten die notwendigen Subventionen garantiert.
Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, Friedhelm Ost (CDU), schlug vor, Einsparungen im Bundeshaushalt mit einer Erhöhung der Mineralölsteuer zu verbinden um die Kohlesubventionierung zu finanzieren.
Heute kommen die Spitzen der Regierungskoalition zusammen, um die Möglichkeit einer einheitlichen Regelung auszuloten.
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