piwik no script img

Noch kein Ostwind für die Werderfans

■ Wann baut nun wer endlich die Ostkurve um – ein Hearing der CDU im Weserstadion

„Der SV Werder ist nun doch relativ ungehalten“, echauffierte sich Werder-Manager Willi Lemke. „Kein Verein in Deutschland hat nur eine müde Mark in ein städtisches Stadion reingebuttert. Der SV Werder ist inzwischen schon zehn bis elf Millionen Stadiongeld los, und dabei muß man sehen, daß jede verkaufte Bratwurst als Einnahme an die BSF geht.“ Außerdem boykottiere die BSF, die Bremer Sport- und Freizeit GmbH, die das Stadion betreibt, jede Werder-Initiative zur Verbesserung.

Zustimmung und Murren im Saal – die CDU-Bürgerschaftsfraktion hatte gestern ins Weserstadion geladen, um das Hin und Her um den Ausbau der Ostkurve neu aufzulegen. Immer noch ist unklar, ob der Senat das Angebot des SVW nun annimmt, die Ostkurve selbst umzubauen und dafür die Stadionpacht erlassen zu bekommen. „Wir müssen noch prüfen, wie wir finanziell dabei wegkommen“, sagte Brigitte Bents-Rippel, Pressesprecherin des Finanzsenators dazu gestern kurz und bündig.

Einstweilen stritten also Willi Lemke und Reinhard Hoffmann, Chef der BSF, bei dem Hearing munter weiter. „Die Stadt hat uns den Umbau der Ostkurve doch schon 86 versprochen“, schimpfte der Werder-Manager. „Wir wollen doch unsere Fans nicht länger an der Nase herumführen!“ Im Dezember letzten Jahres hat der SVW der Stadt deshalb eine Art Selbsthilfe-Vorschlag unterbreitet: Werder finanziert mit 25 Millionen den Umbau der Tribüne aus eigener Tasche und übernimmt für 25 Jahre das Stadion in Pacht. Bezahlt wird „eine symbolische Pacht“, die 17 Millionen Restschulden des Vereins soll ihm die Stadt im Gegenzug erlassen.

„Das Stadion bleibt doch städtisches Eigentum“, betonte Willi Lemke und traf damit einen empfindlichen Nerv. „Wir müssen doch auch einen Kredit aufnehmen. Wenn wir absteigen, müssen wir mit dem Bettelstab zum Finanzsenator gehen.“ – „Richtig, und dann steht wieder die Stadt in der Bredouillle“, konterte Reinhard Hoffmann. „Die Stadt hat ja sowieso die laufenden Betriebskosten, also auch Reparaturen, zu bezahlen. Wenn Sie bauen, bleiben der Stadt 1,2 bis 1,5 Millionen Minus jährlich.“ Die BSF habe im Moment auch keine Chance, den Umbau der Ostkurve durchzubringen. „Wir müssen noch bis 98 den Kredit für die Südtribüne abzahlen und vorher kann die BSF den Ausbau Ostkurve ohne eine finanzielle Rückendeckung der Stadt nicht durchbekommen. Weder Sie noch wir können doch damit rechnen, daß wir künftig etwa über Konzerte mehr einnehmen, solange es die Konkurrenz Hannover gibt.“

Da hätte dann wohl auch der Beirat Östliche Vorstadt etwas dagegen, meinte Beiratsmitglied Arthur Schmitt. „Der Beirat wird sich gegen Lärmbelästigung wehren und auf jeden Fall prüfen, ob es durch den geplanten Umbau größere Verkehrsprobleme geben wird. Und sollte beim SVW daran gedacht werden, über bestimmte Wohnungsbaumodelle den Ausbau zu finanzieren – dafür wird ganz sicher keine Mehrheit im Beirat geben!“

So erhitzten sich zusehends die Gemüter im Saal. Harald Klingebiel vom Fan-Projekt erklärte ein weiteres Mal die Wichtigkeit von Bewegungsfreiheit für die (jugendlichen) Ostkurvenfans: „Die brauchen ihren sozialen Platz im Stadion, und ihr Platz in diesem Stadion ist ein Stehplatz, und Stehplatz heißt Bewegung.“ Nicht umsonst hieße die Fanprojektgruppe „Sitzen ist fürn Arsch“.

Und Jens Eckhoff, sportpolitischer Sprecher der CDU, war vor allem zufrieden, daß mit dem Hearing „wir als Bürgerschaftsfraktion zumindest erreicht haben, daß wieder Bewegung in die Sache gekommen ist“. sip

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen