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SanssouciVorschlag

■ Angus Reids „Brotherly Love“ im fsk-Kino am Oranienplatz

Allzuviel passiert nicht in dem Spielfilmdebüt des schottischen Regisseurs Angus Reid: Um ihn von seiner Drogensucht zu heilen, kidnappt ein Bruder den Bruder in Edinburgh. Einander anschreiend fahren sie mit einem geklauten Lada ins schottische Hochland. Während der Entführte, Russel, ein Mann Mitte dreißig mit Designerlöchern in den Jeans, sich ziemlich ärgert, daß ihn sein Bruder nicht nur von der Drogensucht kurieren will, sondern ihm auch noch die Zigaretten verbietet sowie Musikkassetten und entzugsmildernde Medikamente aus dem Fenster wirft, redet der andere, der ein bißchen an einen dünnen Meister Propper erinnert, ständig auf ihn ein. Beide haben Halbglatzen. Männlich schwankt man zwischen Liebe, Haß und andren roadmovietypischen Existentialismen. Das anfängliche Herumgefluche wird später durch „Psychobabble“ (The Guardian) ersetzt. Manchmal scherzen die beiden Brüder, die von echten Brüdern dargestellt werden, auch miteinander. Dann lächeln sie sparsam, aber doch sehr schön.

Schwarzweiß fliegen hügelige Landschaften und Brücken am Fenster vorbei. Zuweilen bekommt der Film einen Touch ins Homosexuelle. Wenn Russel sich die Kleider vom Leib reißt und in einen Teich hüpft oder wenn die Knüppelgangschaltung ein wenig zittert und die beiden gleich danach zärtlich durch dunkle Alleen fahren. Der rettende Bruder hat eine Kamera dabei. Damit filmt er dies und das und den Bruder bei der Rast an malerischen Orten. Besonders originell ist es zwar inzwischen nicht mehr, körnige, verwackelte und farblich verwischte Super-8- Aufnahmen in einen Film einzubauen, aber es funktioniert noch immer – hier ist es klasse.

In einem Dorf im Hochland Schottlands bei freundlich-ländlichen Bekannten übernachten die beiden. Frühmorgens macht Russel die Filmkassette seines Bruders kaputt, um danach einsam an einsamer Küste über die wesentlichen Dinge des Lebens nachzusinnen. Eine Weile düsen die Brüder noch durch die Gegend, begeistert wie ein kleiner Junge brettert Russel durch Pfützen an einem einsamen Strand, bis der Wagen absäuft und nicht mehr anspringen will. Ein hilfsbereiter Range-Rover-Fahrer, der zufällig vorbeikommt, schleppt den Wagen ab; aus dramaturgisch nicht so recht einsehbaren Gründen fliegt ein Sportflugzeug vorbei. Am Ende befreundet sich Russel mit dem Helfer und sein Bruder fährt allein nach Haus. Detlef Kuhlbrodt

„Brotherly Love“, Regie: Angus Read, Schottland 1994, 53 min., heute bis 19. 3., 21.15 Uhr, fsk B, Segitzdamm 2, Kreuzberg

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