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■ Press-SchlagEndlich: Bayern sind wieder die Größten!

Lebewesen, die ihr Geschwätz von gestern heute längst nicht mehr kümmert, gibt es natürlich genügend; doch keinen wie ihn, dem das mentale laissez faire gar als Tugend angerechnet wird. Also spricht Franz Beckenbauer (49) nach jenem 2:2 (0:0) bei IFK Göteborg, das den FC Bayern ins Halbfinale der Champions League brachte: Wenn er all die Absenzen nicht vergesse, so könne man „sicherlich“ sagen, „daß der Platz unter den ersten vier Teams in Europa berechtigt“ sei. Ja, hoppla! Doch schon wieder? Nachdem der Kitzbüheler Arithmetiker noch Anfang der Woche die Chance auf den Pokalgewinn mit 1:100.000 berechnet hatte. Was ist seither passiert? Zickler (64.) und Nerlinger (72.) haben getroffen, und so hat man an einem „glorreichen EC- Abend“ (Vize Rummenigge) „Europapokal-Geschichte geschrieben“, wie ausgerechnet der Manager Hoeneß faselte, der es besser wissen müßte – und besser weiß.

Was das ganze Gehyperbele zeigt? Daß den Bayern mehr denn je schwant, daß es mit der Herrlichkeit nicht mehr allzuweit her ist. Weshalb man sie nun hysterisch beschwört. Allerdings hat der Manager schon gesehen, daß es „keine Klasse“ war, die den Bayern half, sondern zum einen „der ungebrochene Wille zum Sieg“ (Hoeneß), zum anderen „fehlende Phantasie und Technik“ (Beckenbauer) des Gegners, der sich, obschon nach Scheuers frühem Feldverweis (20.) numerisch bevorteilt, außerstande sah, den Trapattoni-Riegel zu öffnen. Aber: Damit hat man nun – auch das ein Grund für die Erleichterung in der Führungsetage – reelle Chancen, mit dem italienischen Übungsleiter nicht als grandios-kuriosem Fehlgriff „Geschichte zu schreiben“, sondern ihn im Frühsommer einigermaßen honorabel in den Flieger setzen zu können.

Daß nun mit Ajax Amsterdam ein Team kommt, das erwiesenermaßen Fußball spielen kann, hat den blumigen Trapattoni angeblich nicht geschreckt: „Wenn unsere Herzen so schlagen wie gegen Göteborg“, will er glauben, „ist das Finale kein Traum.“ Vielleicht, so könnte man versucht sein, bescheiden einzuwerfen, sollten die Bayern die Emphase reduzieren und taktisch etwas klüger auf den wirtschaftlichen Erfolg verweisen, jene etwa 19 Millionen, die die Champions League ihnen bisher eingebracht hat. Und zu denen im Halbfinale zwischen fünf und sieben dazukommen. Das ist doch nun etwas, mit dem man nicht nur heute, sondern auch morgen argumentieren könnte. Und langfristig planen. Moment mal, langfristig? Wie sagte überraschend ausgerechnet Kapitän Helmer: „Es ist einfacher, nach solchen Spielen zu jubeln, als nach schwachen Spielen Kritik zu üben und draufzuhauen.“ Stimmt nicht. Beides ist ziemlich einfach und heißt sogar gleich: „Franz – die Analyse“. pu

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