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Blick weg vom Zentrum

■ Im Alter von 71 Jahren ist der Philosoph Wolfgang Harich in Berlin gestorben

Berlin (taz) – Wolfgang Harich wohnte nicht weit vom Berliner Alexanderplatz entfernt. Als ob er sich das ausgewählt hätte, blickte man durch die Fenster seiner Wohnung allerdings nicht Richtung Zentrum, sondern nach Norden, auf einen Park. Wie erst gestern abend bekannt wurde, starb der Philosoph am Mittwoch im Alter von 71 Jahren. Vom offiziellen Einigungsprozeß hatte sich der bekennende Marxist in den letzten Jahren abgewandt. Die „falsch laufende“ Beschäftigung mit der ostdeutschen Vergangenheit verbitterte ihn ebenso wie die Anschuldigung Walter Jankas, Harich sei in einem DDR-Schauprozeß 1957 als Kronzeuge gegen ihn aufgetreten.

Der Lektor des Ostberliner Aufbau- Verlags, Harich, und sein Verleger Janka waren im Vorjahr nach dem Ungarn-Aufstand verhaftet worden, wegen angeblicher „Bildung einer konspirativen staatsfeindlichen Gruppe“. Harich, der für einen reformierten Sozialismus eintrat, wurde zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt und 1964 amnestiert. Zwischen 1979 und 1981 lebte er unter anderem in Österreich und der Bundesrepublik und versuchte, marxistische Ideen in die Umweltschutz- und Friedensbewegung einzubringen. Da er hierbei auf Unverständnis stieß und sich eine Rentenzahlung im Westen auch nicht mit seinem Wunsch nach Beibehaltung einer Staatsbürgerschaft der DDR vereinbaren ließ, kehrte er nach Ostberlin zurück und wurde 1990 vom Obersten Gericht der DDR rehabilitiert. Für Aufsehen gesorgt hatte Harich in den letzten Jahren vor allem durch seine Weigerung, bei Prozessen wegen Rechtsbeugung im SED-Staat als Belastungszeuge aufzutreten. Petra Kohse

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