■ Mit dem Kakaomarkt auf du und du
: Preise und Demokratie

Berlin (taz) – Es ist schon ein Kreuz mit den Rohstoffmärkten. Wird von einem Rohstoff wenig produziert, steigen die Preise – aber weil man wenig produziert hat, verdienen auch die Produzenten wenig. Wird daraufhin von dem Rohstoff mehr produziert, könnten auch die Einnahmen steigen – aber weil das Angebot gewachsen ist, fallen die Preise wieder, und der Produzent steht genauso dumm da wie vorher.

Das ist der Teufelskreis, in dem die Elfenbeinküste steckt. Der langjährige Diktator Felix Houphouet-Boigny hatte das westafrikanische Land zu einem der größten Kakaoproduzenten der Welt gemacht. Seine Popularität stieg und fiel mit dem Weltmarktpreis. Als der Kakaopreis Ende der 80er Jahre in den Keller rutschte, geriet der alte Diktator in so große Schwierigkeiten, daß er ein Mehrparteiensystem einführen mußte. Seit seinem Tod im Dezember 1993 hat sich aber ein Wunder ereignet: Die Kakaokurse steigen, die Kakaoproduktion auch, die Bauern bekommen mehr Geld.

1995 soll für die Bauern der Elfenbeinküste ein goldenes Jahr werden: hohe Ankaufpreise, eine sanierte Kakaobehörde und eine Rekordernte von 860.000 Tonnen. Da die Kakaoproduktion von Rivalen wie Kamerun und Nigeria vergleichsweise chaotisch sei, könne sein Land, so Rohstoffminister Alain Gauze, dem Weltmarkt auf die Sprünge helfen. So machten die Elfenbeinküste und Brasilien Mitte März einen gemeinsamen Vorschlag: man solle die Produktion nicht weiter erhöhen, sondern sie bis 1999 um etwa ein Achtel senken und die Kakaohalden der Welt schneller abbauen.

Seit 1993 wirft die Internationale Kakaoorganisation (ICCO) 4,250 Tonnen pro Monat auf den Markt. Bei dieser Geschwindigkeit wird der Abbau des Kakaobergs allerdings noch drei Jahre dauern, und die ICCO sieht keinen Anlaß, daran was zu ändern. So blockte sie den Vorstoß der beiden Drittweltländer ab. Wenn aber nun zugleich neue Überschüsse entstehen, wie die diesjährige afrikanische Kakaoerntesteigerung um vier Prozent es vermuten läßt, kann es zu einer Preiserholung gar nicht kommen – und in weiser Voraussicht sind seit dem Scheitern des Planes die Kakaokurse an den Rohstoffbörsen in London und New York bereits wieder um etwa fünf Prozent gepurzelt. Schlechte Aussichten für die Elfenbeinküste, deren neuer Präsident Henri Konan Bédié sich eigentlich im Herbst in richtigen demokratischen Wahlen bestätigen lassen möchte. Dominic Johnson