Sanssouci
: Vorschlag

■ Aus Neuseeland direkt in den Eimer und dann auch noch im Anorak: Der Sänger Bill Direen

Kaum ein Land der Erde ist so weit von Berlin entfernt wie Neuseeland, das Königreich der Schafe und schrägen Popsänger. Während erstere nur selten ihre heimischen Weidegründe verlassen, werden letztere von den Spielregeln des Musikgeschäfts regelmäßig dazu gezwungen: Ohne Live-Präsenz bleiben die Märkte in Übersee zu. Für die weniger finanzstarken neuseeländischen Pop-Matadore – und das sind, seien wir ehrlich, alle – stellt dieser Zwang zum Umhergondeln jedoch ein Problem dar, an dem schon manche vielversprechende Karriere zerbrochen ist. Bill Direen löst dieses Problem, indem er seine Rundreise durch die Pop-Metropolen unserer Hemisphäre zur Wanderschaft mit Kreativpausen ausdehnt. In Neuseeland war er schon lange nicht mehr. In Berlin ist er schon seit ein paar Wochen und wird auch noch ein paar Wochen bleiben. Direen ist ein Veteran der neuseeländischen Popszene. Seit Ende der Siebziger hat er in Bands gespielt, von denen nicht wenige seinen (verfremdeten) Namen trugen: The Bilders zum Beispiel, Die Bilder und auch The Builders, seine bekannteste Formation. Diese Bands waren mal um poppigen Wohlklang bemüht, mal dem Experiment zugeneigt, doch in welche Sounds sie ihre Gedanken auch übersetzten: die transparente Entrücktheit, die man von den Chills und den Verlains abwärts im Klang fast jeder Flying-Nun-Band schwingen hören kann, war auch Direens diversen Combos immer zu eigen.

In der Heimat und in den europäischen Kleingruppen von Neuseeland-Fans gelangte er so zu gewisser Prominenz, jedoch nie zu Geld. Mitte der Achtziger arbeitete er als Literaturdozent an der Uni von Auckland, während viele Bands seiner Generation sich auf Touren arm spielten. Diese Kollegen zahlen heute ihre Schulden ab, ein Schicksal, dem Direen durch maximale Reiseökonomie zu entgehen versucht: Seit vor zwei Jahren seine neue Phase der musikalischen Aktivität begann, reist er vorzugsweise allein. Ab und zu macht er Aufnahmen, die er dann und wann veröffentlicht (letzte CD: „Cut“), hier und da stellt er sich und seine Gitarre auf die Bühne. Seine Auftritte mögen aufgrund seiner normal verzerrten Gitarrensounds und seiner eher dünnen Stimme anfangs etwas spröde wirken, doch vor allem textlich haben sie es in sich. Der Mann weiß, wovon er singt, schließlich ist ihm als Rest seiner Dozentenstelle noch ein Posten als Lyrik-Rezensent für eine neuseeländische Literaturzeitschrift geblieben. Johannes Waechter

Heute, 23 Uhr, „Eimer“, Rosenthaler Straße 68, Mitte;

morgen, 23 Uhr, „Anorak“, Dunckerstraße 14, Prenzlauer Berg