■ Verfassungsschutz voll gut drauf: Fidel und Che
Ein Gespenst geht um in Ostberlin, mitten im Herzen unserer deutschen, demokratischen Republik. Es besteht aus einer diffusen Masse brotloser Ex-Funktionäre der SED und gemeingefährlicher Kombinatsleiter. In gefälliger NVA-Camouflage und mit geschwärzten Gesichtern jagen die Mitglieder der Betriebskampfgruppe Plaste Elaste aus Leuna durch die von der Treuhand liebevoll aufgebauten Ostprovinzen. Oberkommandierender Gysi, der sich eigens einen Fidel-Castro-Gesichtspullover ans Heldenkinn gezüchtet hat – von wegen revolutionärer Authentizität und so –, zerrt an den gekreuzten Patronengurten über der Heldenbrust und wetzt sein Messer. Genau wie er ist auch Modrow alias Comandante Banano, mit Che-Mütze und Stumpen im Mundwinkel, seit Wochen nicht mehr aus dem Drillich gekommen. Seine Zigarre ist zwar nicht angezündet, aber er zieht so kräftig dran, daß sie trotzdem immer kürzer wird. Patria o muerte!
Wer meint, hier handele es sich um das Kasperletheater 2000, der verschließt die Augen vor den wirklichen Bedrohungen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Diese glänzende Analyse verdanken wir dem Berliner Landesamt für Verfassungsschutz, das den blutrünstigen Kommis das Schafsfell vom Wolfspelz gezerrt hat. Völlig zu Recht wittern die Staatsschützer in ihrem PDS-Dossier, aus dem jetzt Einzelheiten bekannt geworden sind, daß hinter den sich sozialdemokratisch gebenden Revolutionären eine Gefahr lauert. Die PDS könne zum gewalttätigen Widerstand übergehen, wenn ihre Ziele nicht gewaltfrei zu erreichen seien, sagt der Verfassungsschutz. Und da Fidel und Che keine Chance haben, das Vergleichsmietensystem mit friedlichen Mitteln wie parlamentarischen Anfragen zu Fall zu bringen, wird der Guerillakrieg, die Sierra Maestra in der brandenburgischen Tiefebene unvermeidbar sein. „Fraglich bleibt, ob die PDS im Alleingang zum gewalttätigen Widerstand übergehen und ob sie sich mit linksextremen Gruppierungen zusammenschließen will“, grübelt die Schnüffeltruppe. Die Grundrechte würden im Verfassungsentwurf der PDS auf die zweite Stelle verwiesen. Weil das so ist, folgern die Verfassungsschützer: „Diese Vorstellung ist wiederum kennzeichnend für klassenlose, kommunistische Gesellschaft.“ Damit wird die rote Flut endlich beim Namen genannt. Untermauert wird das hinreichend durch die Forderung der Terroristen, das Wahlalter auf 16 Jahre herabzusetzen. Eine „große Gefahr, nicht gefestigte Jugendliche mit coolen Sprüchen zu fangen, die aus Trotz PDS wählen, um ihre bürgerlichen Eltern zu kränken“.
Kein Zweifel, da hat ein verfassungsschützender Familienvater zusammen mit Feliks Dzierschinskis blutiger Nachfolgeorganisation tagelang in den Müggelbergen gelegen und sein Rhabarberblatt zum Lauschen aufgespannt. Jens König/Peter Lerch
Humboldt-Uni und Autonomie
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