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Im Prinzip offen für alle

■ Wie frei dürfen die Teilnehmerinnen debattieren, wenn sie sich im September zur Welt-Frauenkonferenz in Peking zusammenfinden? Und wer darf kommen?

Peking (taz) – Die Vorbereitungen zur UNO-Frauenkonferenz in Peking laufen auf Hochtouren: In New York treffen sich in dieser Woche zum letzten Mal die Vertreterinnen nichtstaatlicher Organisationen (NGO), um sich über ihre Forderungen an die Regierungen der Welt zu verständigen. Und in der chinesischen Hauptstadt versuchen derweil UNO-VertreterInnen mit stiller Diplomatie, die Behörden davon zu überzeugen, daß das Weltfrauentreffen offen für die freie Debatte und für alle zugänglich sein muß.

Zur offiziellen UNO-Konferenz vom 4. bis 15. September werden 2.000 MinisterInnen und andere RegierungsvertreterInnen erwartet. Das NGO-Forum soll vom 30. August bis 8. September als Symposium eines weiten Spektrums von Gruppen und Organisationen fungieren, zu denen unter anderen auch kritische Beobachterinnen der chinesischen Menschenrechtspolitik, Feministinnen und Befürworterinnen der Unabhängigkeit Tibets zählen.

Die ersten scharfen Kontroversen gab es, als China versuchte, taiwanesische und exiltibetische Frauenorganisationen und zahlreiche andere Gruppierungen vom Forum fernzuhalten, in dem es ihnen Akkreditierung und Visa verweigerte. Davon betroffen sind nach Informationen von Menschenrechtsorganisationen etwa 300 Gruppen. Die chinesischen Politiker in Peking mußten in den vergangenen Wochen auch feststellen, daß mit der UNO-Konferenz auch Debatten ins Land getragen werden, die sie gar nicht gerne sehen.

Über Menschenrechte und Gewalt gegen Frauen – von der chinesischen Regierung lange als Tabu behandelt – sprechen nun auch die Frauen im eigenen Land. „China ist keine sehr pluralistische Gesellschaft. Alle Entscheidungen kommen von oben nach unten. Die Chinesen sind daran gewohnt, bei Entscheidungen sehr passiv zu sein“, sagt eine chinesische Aktivistin. „Aber wenn wir künftig NGOs haben, kann haben wir den Beginn von Demokratie. Das ist ein bedeutsamer Prozeß.“

UNO-VertreterInnen beteuern, daß die Chinesen sich zur Offenheit verpflichtet haben, als sie die Durchführung der Frauenkonferenz übernahmen. Nach einem Übereinkommen mit den Vereinten Nationen darf China niemandem ein Visum verweigern, der einer chinesischen Botschaft (oder einem Konsulat) bis zum 30. April eine Registrationsbestätigung vom New Yorker Akkreditierungsausschuß der UNO vorlegt. Li Yueying vom chinesischen Frauenverband bestätigt dieses Vorgehen. Sie erwartet 20- bis 25.000 Besucherinnen beim NGO-Forum, fügt aber hinzu: „Wir werden versuchen, die Zahl unter Kontrolle zu halten, weil wir glauben, daß mehr nicht unbedingt besser ist.“

Sarah Burd-Sharpe vom Pekinger Büro des UN-Development Fund for Women gibt sich optimistisch, daß China sich an seine Zusage hält, niemandem die Teilnahme zu verweigern. Westliche Diplomaten sagen jedoch, daß die Pekinger Führung Gruppen wie die Tibetische Frauenvereinigung vom indischen Exilsitz des Dalai Lama ausschließen wird. Begründung: in der offiziellen chinesischen Delegation gäbe es ja Tibeterinnen. Allerdings ist es nicht nur die chinesische Regierung, die auf den Ausschluß unliebsamer Besucherinnen drängt. Der Vatikan macht nach Informationen aus New York Druck, Lesbengruppen und AbtreibungsbefürworterInnen keinesfalls zuzulassen.

Menschenrechtler befürchten, daß die chinesischen Behörden auch vor der Frauenkonferenz wieder zahlreiche Dissidenten festnehmen oder verschwinden lassen, wie es vor jedem größeren Ereignis der Fall ist. Noch steht nicht fest, ob die chinesischen Behörden es den ausländischen Besucherinnen erlauben werden, all ihr gedrucktes Material ungehindert einzuführen, wozu sich China im Prinzip verpflichtet hat. „Die Chinesen haben keine Ahnung, worauf sie sich da eingelassen haben“, meint ein Beobachter, „sie wissen einfach nicht, wie offen und ungeregelt das sein kann.“

Tatsächlich hat China bislang keinerlei Erfahrung mit einer solchen Veranstaltung. Bei den drei vorangegangenen Frauenkonferenzen nahmen ihre VertreterInnen an den nichtoffiziellen Foren nicht teil. Um bei dem NGO-Forum entsprechend präsent zu sein, hat der offizielle Frauenverband in den vergangenen Monaten zahlreiche chinesische NGOs geschaffen, deren „Unabhängigkeit“ doch sehr fraglich ist (Siehe taz vom 9. März).

Um die ChinesInnen mit der Durchführung internationaler Konferenzen und Symposien vertraut zu machen, hat die UNO für die kommenden Wochen drei Seminare geplant, in denen über heikle Themen wie „Gewalt gegen Frauen“, „Frauen und Menschenrechte“ und „Entwicklung und Frauen ethnischer Minderheiten“ debattiert werden soll. Sheila Tefft

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