: Gauck erfolgreich
■ Lübecker Staatsanwaltschaft an die Leine des Aktengesetzes gelegt
Berlin (taz) – Die Bauchlandung der Lübecker Staatsanwaltschaft hätte heftiger kaum sein können. Der offene Streit zwischen der Gauck-Behörde in Berlin und den Lübecker Ermittlern wegen einer geplanten Durchsuchungsaktion in den Archiven des Stasi-Beauftragten im Zusammenhang mit Unterlagen zum Fall Barschel ist beigelegt – mit einem blamablen Ergebnis für die Lübecker Behörde.
Offensiv und vor allem öffentlichkeitswirksam hatte die Lübecker Staatsanwaltschaft den Aktenverwaltern vorgehalten, Akten im Fall Barschel zurückzuhalten. Die Rede war vom Zurückhalten von Beweismitteln und davon, daß sich dieser Verdacht erhärtet habe. Alles Schall und Rauch.
Der Generalstaatsanwalt von Schleswig-Holstein, Heribert Ostendorf, und Behördenchef Joachim Gauck teilten gestern in einer gemeinsamen Erklärung mit, die Lübecker Staatsanwaltschaft werde den Vorrang des Stasi-Unterlagen-Gesetzes vor der Strafprozeßordnung von nun an respektieren. Der Vorwurf, die Behörde des Bundesbeauftragten habe Akten vorenthalten, heißt es weiter, „hat sich als nicht berechtigt erwiesen und wird nicht mehr erhoben“. Die Gauck-Behörde kündigte im Gegenzug an, auf bereits eingelegte rechtliche Schritte zu verzichten.
Die Staatsanwaltschaft der Hansestadt hatte im Februar auf der Suche nach Akten über den Tod des früheren schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluß des Amtsgerichtes Lübeck erwirkt. Rechtswidrig, wie die Berliner Aktenbehörde urteilte, denn im Stasi-Unterlagengesetz sei für derartige rechtliche Auseinandersetzungen zwingend eine Zuständigkeit des Oberverwaltungerichts in Berlin vorgeschrieben.
Mit dem Beschluß in der Tasche war dann am 23. Februar ein Mitarbeiter der Lübecker Anklagebehörde nach Berlin gereist. Er verzichtete anschließend auf eine Durchsuchung der Behörde, weil deren Mitarbeiter sich kooperativ zeigten. Peinlich: Der Angereiste mußte dabei feststellen, daß ihm die gesuchten Akten bereits ausgehändigt worden waren. Das hatte die Lübecker Ankläger nicht gehindert, von einer erfolgreichen Aktion zu sprechen. Wolfgang Gast
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