: Fernsehen hat auch sein Gutes
■ Ehemaliger NVA-Oberst identifizierte auf Fernsehbildern aus dem Irak deutsche Panzer / Bundesregierung läßt Vorwürfe wieder einmal prüfen und warnt Türkei
Bonn (dpa/ap/taz) – Fernsehbilder sind offensichtlich auch für Klaus Kinkel (FDP) überzeugender als Zusagen der türkischen Ministerpräsidentin Tansu Çiller. Am Donnerstag noch hatte Çiller dem deutschen Außenminister versprochen, bei den Kämpfen im Nordirak werde keine einzige aus der Bundesrepublik gelieferte Waffe benutzt. Gestern warnte die Bundesregierung die Türkei vor dem Einsatz von Waffen deutscher Herkunft. Ein früherer Oberst der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR hatte im ARD-Morgenmagazin auf Fernsehbildern aus dem Nordirak deutsche Panzer identifiziert.
Der deutsche Botschafter in Ankara, Jürgen Oesterhelt, mußte deshalb einen Tag nach Gesprächen Kinkels mit Çiller die türkische Regierung schon wieder abmahnen. Oesterhelt betonte die Erwartung der Bundesregierung, daß kein deutsches Kriegsgerät im Nordirak eingesetzt werde.
Wie bereits vor einem Jahr reagierte die Bundesregierung auf die öffentlichen Vorwürfe wieder mit der Ankündigung, das Filmmaterial werde von Experten geprüft. Damals waren die Experten des Verteidigungsministeriums allerdings zu dem Schluß gekommen, die eingesetzten Schützenpanzer könnten auch von anderen Ostblockstaaten geliefert worden sein und müßten nicht von der NVA stammen. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Michael Gerdts, äußerte sich zurückhaltend zu möglichen Konsequenzen für das deutsch-türkische Verhältnis. Falls sich ein Bruch der Absprachen bestätige, werde Bonn „mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln“ reagieren. SPD-Bundesgeschäftsführer Günter Verheugen forderte inzwischen, ein deutliches Zeichen zu setzen und den mit deutscher finanzieller Hilfe geplanten Bau von Fregatten für die türkische Marine auf deutschen Werften zunächst zu stoppen. „Es gibt nur eine einzige Chance zu verhindern, daß Waffen in einer solchen Weise eingesetzt werden, das heißt, man darf sie gar nicht erst liefern“, sagte er.
Die Grünen-Politiker Claudia Roth und Jürgen Trittin nannten Kinkel „mitschuldig am Krieg gegen die Kurden“.Auch Verteidigungsexperten von Union und FDP verlangten einen härteren Umgang mit der Türkei, falls die Berichte stimmten.
Unterdessen gibt es Hinweise darauf, daß die Bundesregierung gegen einen Einsatz deutscher Waffen im Nordirak gar keine Handhabe hätte. Zwar hatte sich die Türkei zuletzt 1994 in einem Abkommen mit der Bundesrepublik verpflichtet, das gelieferte Kriegsmaterial nur gemäß Artikel 5 des Nato-Vertrages (Landesverteidigung) einzusetzen. Diplomaten in Ankara verwiesen aber darauf, diese Zusage gelte nur für den Einsatz auf türkischem Territorium. Die türkische Ministerpräsidentin Tansu Çiller hatte die Militärintervention im Nachbarstaat erneut gerechtfertigt. Hans Monath
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